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eBay | PANZER GLASS

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Update 6/2018: Im Zeitraum 2016/2017 hatte der Fall "Panzer Glass" seinen ersten Höhepunkt auf eBay. Nachdem es danach ruhig geworden war, treten nun erneut Fälle auf, in denen von der Markeninhaberin bei eBay beantragt wird, Shops zu schließen, die den Begriff "Panzerglas" verwenden.

Lassen Sie sich nicht von anderslautenden Berichten verwirren. Man kann etwas gegen die wieder aufflammenden Versuche unternehmen, eBay-Angebote wegen der angeblichen Verletzung der Marke "Panzer Glass" entfernen zu lassen. Voraussetzung ist aber, dass der Anbieter den Begriff "Panzerglas" wohlüberlegt und sehr diszipliniert einsetzt, nämlich rein beschreibend. Zusätzlich muss der Anbieter dann auch noch über das notwendige Kleingeld verfügen, um die Markeninhaberin mit einem gerichtlichen Eilverfahren zu stoppen, wenn sie bei eBay nun erneut die Löschung von Angeboten beantragen sollte.

Der Fall "Panzer Glass" als Lehrbuchbeispiel für die "Markenverletzung": Wie die für Handyschutzfolien rechtlich schwache Marke "Panzer Glass" durch das VeRI-Programm von eBay im Kampf gegen Displayschutzfolien zum "Panzer" aufgewertet wird, was zur Abwehr von Problemen mit der Bezeichnung "Panzerglas" etc. ratsam ist und welcher überraschende Aspekt bei diesem Fall gerne übersehen wird. Ein Überblick über die Lage der Dinge für die von einem VeRI-Antrag wegen der Marke "Panzer Glass" betroffenen Händler von Schutzfolien - weitergehende allgemeine Informationen zum VeRI-Programm von eBay" finden sie HIER.

PANZER GLASS | AKTUELLE SITUATION

Die dänische Firma Retail Distribution ApS, Delta 6, DK-8382 Hinnerup, ist Inhaberin der europaweit gültigen EU-Wortmarke 011799566 "Panzer Glass", angemeldet am 13.12.2013. Ein Dritter versucht, diese Marke zu beseitigen. Das hat aber bislang (Stand 29.06.2018) noch keinen Erfolg gehabt. Das Verfahren gegen die Marke "Panzer Glass" ist noch anhängig und hat noch nicht zu einer Entscheidung geführt. Die besagte Firma Retail Distribution ApS ist auch Inhaberin der EU-Bildmarke 015815087 "Panzer Glass", die am 09.09.2016 angemeldet wurde und in etwa so aussieht, wie rechts eingeblendet.

Laut des zugehörigen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses beanspruchen die Marken unter anderem Schutz für


"Protective cases and shields for laptops, mobile telephones, smartphones, internetphones and tablets, none of the aforementioned goods are made of glass".


Unter dem Begriff "shields" subsumiert die Markeninhaberin auch die bekannten flexiblen Schutzfolien zum Aufkleben auf das Glas-Display von Smartphones und Tablets.

An dieser Stelle wird die Sache interessant, denn bei eBay finden sich zum Stichwort "Displayschutzfolie" tausende von entsprechenden Angeboten, von denen unzählige mit der Bezeichnung "Panzerglas" werben, um auf die starke Schutzwirkung des angebotenen Produkts hinzuweisen. Zugleich stellt sich die später noch näher zu erörtende Frage, ob die Marke "Panzer Glass" für solche "shields" nicht doch löschungsreif ist.

Nach der Auffassung der Markeninhaberin stellt die Verwendung von Schlagworten wie "Panzerglas" für Displayschutzfolien eine Verletzung ihrer o. g. Marken dar.

Daran anknüpfend nimmt die Markeninhaberin die ihr auf der Grundlage der "Panzer Glass" lautenden Marken zustehenden Rechte wahr und beantragt, im Rahmen des VeRi-Progrmms von eBay Angebote zu löschen, in denen "Panzer Glass" oder "Panzerglas" etc. für Displayschutzfolien verwendet wird - dem Verfasser liegen entsprechende Fälle vor. Darüber hinaus berichtet www.t3n.de von einer sehr großen Zahl weiterer Fälle. mehr

Dagegen ist vom Grundsatz her eigentlich nichts einzuwenden, denn der Inhaber einer eingetragenen Marke hat des Recht, seine Marke zu verteidigen.

Man muss der Markeninhaberin Retail Distribution ApS sogar einen gewissen Respekt zollen, denn hier scheint man das Markenrecht wohlüberlegt zu nutzen - allem Anschein nach geht es der Markeninhaberin primär darum, zu verhindern, dass der eigene, hochfeste Echtglas-Display-Schutz in der Werbung dadurch ins Hintertreffen gerät, dass alle Anbieter der deutlich billigeren Vollkunststoff-Folien ihre Ware auch als "Panzerglas" anpreisen.

In der Tat stellt man sich beim spontanen Kontakt mit dem Fall die Frage, warum es den Verkäufern von flexiblen Displayschutzfolien gestattet sein sollte, ihre flexible Folie irreführend als "Panzerglas" oder "Panzer Glass" zu beweben. Aber Vorsicht, der vermeintlich klare Fall bedarf einer differenzierteren Betrachtung...

PANZERGLAS-FOLIEN | KEIN WITZ, SONDERN HIGH-TECH

Wer von eBay oder der Markeninhaberin mit dem Vorwurf konfrontiert wird, dass seine Displayschutzfolie angeblich die Marke "Panzer Glass" verletzt, der sollte sich nicht vorschnell mit der Erkenntnis zufrieden geben, dass seine Displayschutzfolie hochflexibel ist und daher kaum aus Glas sein kann.

Die Betroffenen sollten vielmehr bei ihren Zulieferanten genau nachfragen, wie die Displayschutzfolie wirklich aufgebaut ist.

Seit kurzem sind unter den Marken bzw. Bezeichnungen "GORILLA GLAS (TM)" bzw. "JAPANGLAS" und "DRAGONTAIL (TM)" sowie "XENSATION COVER (TM)"  High-Tech Alumosilikatgläser mit ganz erstaunlichen Eigenschaften erhältlich - diese High-Tech-Gläser können zu extrem dünnen Schichten verarbeitet werden. Bringt man sie auf eine Trägerfolie auf, dann sind sie genauso flexibel wie diese Trägerfolie und zugleich extrem widerstandsfähig.

An dieser Stelle wird auf das etwas lang geratene, aber ab Filmminute 6:53 sehr beeindruckende Video der Firma CORNING INC verwiesen, zum Video.

Sofern sich im Einzelfall herausstellt, dass der vom Vorgehen der Markeninhaberin Betroffene tatsächlich solche Displayschutzfolien angeboten und vertrieben hat, die aus einer Kunststoffträgerfolie bestehen, die mit einer hauchdünnen Schicht eines solchen Alumosilikatglases laminiert ist, ist der Fall relativ klar:

Die Marke "Panzer Glass" versagt ihm gegenüber, da Produkte aus Glas ausdrücklich aus dem Schutzbereich der Marke "Panzer Glass" ausgenommen sind - das gilt zumindest dann, wenn der Betreffende den Begriff "Panzerglas" geschickt eingesetzt hat, nämlich rein beschreibend.

JEDES PANZERGLAS HAT EINEN SCHWACHPUNKT...

Angesichts der obigen Ausführungen wird umso mehr klar, dass ein weiterer Schwachpunkt bei der ganzen Sache auch die Frage ist, ob die Wortmarke "Panzer Glass" zu Recht eingetragen wurde und - wenn ja - ob ihr Schutzbereich so weit reicht, dass womöglich auch die Verwendung des Zeichens "Panzerglas" verboten werden kann.

Dies dürfte vermutlich zu verneinen sein.

Entscheidend ist Art. 7 der Unionsmarkenverordnung. Die Vorschrift besagt, dass Marken, die auschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art oder Beschaffenheit der Ware dienen können, nicht dem Markenschutz zugänglich sind.

In diesem Zusammenhang muss man wissen, dass ein Zeichen wie "Panzer Glass" nicht schon deshalb schutzfähig ist, weil es die beanspruchte Ware "Displayschutzfolie aus Kunststoff" nicht unmittelbar beschreibt.

Vielmehr reicht es in solchen Fällen nach ständiger Rechtsprechung des EuGH aus, dass ein enger sachlicher Bezug besteht - was man bei der Verwendung des im deutschen Sprachraum ohne weiteres verständlichen Wortes "Panzer Glass" für Kunststoffscheiben, die ein Display vor Zerstörung schützen sollen, leicht bejahen kann. Hier ist z. B. an reine Kunststoffscheiben zu denken, die mit einer transparenten Hartstoffschicht bedampft sein können. Eine solche Hartstoffschicht kann hochkratzfest sein und verleiht daher der Kunststoffscheibe durchaus eine als "panzerglasähnlich" zu charakterisierende Eigenschaft, auch wenn kein Glas zum Einsatz kommt. Somit kann man den Begriff "Panzer Glass" durchaus auch für reine Kunststoffscheiben als beschreibend und daher freihaltebedürftig ansehen.

Vor diesem Hintergund ist nachvollziehbar, warum die Markeninhaberin nicht primär den üblichen Weg geht und die ihrer Auffassung nach unrechtmäßigen Verwender der Bezeichnung "Panzerglas" abmahnt, um sie anschließend mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu verfolgen. Denn ein solcher Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung würde bei sachgerechter Verteidigung des Angegriffenen wegen der fraglichen Rechtsbeständigkeit der Marke unter Umständen zurückgewiesen.

Stattdessen nutzt die Markeninhaberin einen anderen, weitaus effektiveren Weg: Man macht sich das VeRI-Programm von eBay zunutze, indem man sich bei eBay als Markeninhaber meldet und diejenigen Shopbetreiber, die ohne Erlaubnis Zeichen wie "Panzerglas" für Displayschutzfolien verwenden, bei eBay als potentielle Markenverletzer benennt. Um nicht selbst in die Haftung zu kommen, löscht eBay die als verletzend benannten Angebote. Im Wiederholungsfall schließt eBay den gesamten Shop, was äußerst unangenehm ist, da dadurch z. B. auch alle Bewertungen des Shops verloren gehen.

MASSNAHMEN ZUR "PANZERABWEHR"

Grundsätzlich gilt, dass eBay im Rahmen des VeRI-Programms keinen Spaß versteht. Obwohl die Marke "Panzer Glass" zumindest mit Wirkung für Displayschutzfolien zu Unrecht eingetragen worden sein dürfte, empfiehlt es sich also nicht, die Aufforderung von eBay, keine weiteren Angebote unter dem Zeichen "Panzer Glass" mehr einzustellen, zu ignorieren.

DISPLAYSCHUTZ AUS GLAS ODER GLAS-KUNSTSTOFF-LAMINAT

Soweit Shopbetreiber betroffen sind, die einen Displayschutz anbieten, der tatsächlich aus Glas oder einem Glas-Kunststoff-Laminat besteht, bietet es sich an, mit gerichtlicher Hilfe feststellen zu lassen, dass keine Markenverletzung vorliegt.

Hier ist sogar ohne Weiteres an ein Eilverfahren zu denken, das innerhalb sehr kurzer Zeit mit einer gerichtlichen Entscheidung endet, die bei eBay vorgelegt werden kann, um zu verhindern, bei erneuter Verwendung des Begriffs "Panzer Glass" massiven Sanktionen von eBay ausgesetzt zu sein.

Die Abgabe einer Unterlassungserklärung empfiehlt sich in solchen Fällen nicht. Ganz im Gegenteil. Die durch eine Abmahnung beim Abmahnungsempfänger ausgelösten Kosten und Anwaltsgebühren sind in einem solchen Fall sogar erstattungsfähig.

DISPLAYSCHUTZ AUS REINEM KUNSTSTOFF

Shopbetreiber, die z. B. unter der Bezeichnung "Panzerglas" einen Displayschutz anbieten, der wirklich nur aus Kunststoff besteht, haben es hingegen nicht einfach.

Wer solche "Vollkunststoff-Displayschutzfolien" vertreibt, sollte sich genau überlegen, ob er diese Displayschutzfolien weiterhin unter Verwendung des Begriffs "Panzerglas" etc. bewerben will. Denn nicht zuletzt angesichts des oben zum neuen High-Tech-Glas Gesagten gilt, dass die Verwendung des Begriffs "Panzerglas" oder "Panzer Glass" für eine rein aus Kunststoff bestehende Displayschutzfolie aller Voraussicht nach irreführend und damit wettbewerbswidrig sein dürfte - Achtung Abmahnfalle...

In jedem Fall empfiehlt es sich, bei dieser Fallkonstellation ggf. genau zu durchdenken, ob eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden soll. Wenn eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wird, dann ist in Betracht zu ziehen, diese unauffällig so zu formulieren, dass auch die wettbewerbswidrige Werbung damit besichert und erledigt ist.   

Natürlich steht es auch Anbietern von Displayschutzfolien aus reinem Kunststoff frei, beim Unionsmarkenamt einen Antrag auf Nichtigerklärung der Wortmarke "Panzer Glass" einzureichen, Art. 56 und Art. 99 Abs. 1 UMV.

Auch Anbieter von Displayschutzfolien aus reinem Kunststoff müssen sich überlegen, ob sie die Anwaltskosten für eine Abmahnung aus der Marke "Panzer Glass" übernehmen wollen. Nachdem es einmal gezahlte Anwaltsgebühren auch dann nicht zurück gibt, wenn die Marke "Panzer Glass" später für nichtig erklärt wird, könnte es sinnvoll sein, erst einmal nicht zu zahlen und zu schauen, was mit der Marke "Panzer Glass" passiert.

Was genau zu tun ist, hängt stark vom individuellen Einzelfall ab. Lassen Sie sich beraten.

 

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