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PATENTANMELDESTRATEGIEN

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IM FOKUS

Wissenswertes über Patentstrategien - der nachfolgende Beitrag beleuchtet verschiedene Aspekte, die bei der Wahl der passenden Anmeldestrategie vom Patentanmelder berücksichtigt werden sollten.   

Der Verfasser ist seit vielen Jahren nicht nur in seiner Eigenschaft als Patentanwalt mit der Anmeldung von Patenten befasst, sondern zugleich auch als Rechtsanwalt mit dem Kampf gegen Patentverletzer betraut. Wer regelmäßig Patente der "Feuerprobe" bei Gericht unterzieht, hat täglich Anlass, sich mit den Themen "Patentanmeldestrategie" und "Patentstrategie" zu befassen.

ZUERST RECHERCHE | ODER GLEICH ANMELDEN?

Bei fast jeder neuen Patentanmeldung stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, vor der Ausarbeitung der geplanten Patentanmeldung die Kosten für eine ausführliche Patentrecherche aufzuwenden, um festzustellen, ob und in welchem Umfang die Erfindung eventuell bereits bekannt ist.

Die routinemäßige Durchführung einer Kurzrecherche, bevor mit der Ausarbeitung der neuen Patentanmeldung begonnen wird, gehört zum guten Service.  

Sofern die Kurzrecherche keine die Schutzfähigkeit infrage stellenden Treffer ergibt, lässt sich in etwa folgende Faustformel anwenden, um zu entscheiden, welches weitere Vorgehen sinnvoll ist:

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VORRECHERCHE UND MASSGESCHNEIDERTE PATENTANMELDUNG

Wenn für eine sehr wichtige Erfindung oder Innovation auf einem bereits eng besetzten technischen Gebiet unbedingt Patentschutz erworben werden soll, ist tatsächlich als erstes eine ausführliche Patent- und Gebrauchsmusterrecherche geboten. Nur so lässt sich vorab die von der Konkurrenz noch nicht besetzte Lücke auffinden, die wahrscheinlich Raum für ein Patent lässt. Die neue Patentanmeldung kann dann gezielt so formuliert werden, dass sie sich in diese Lücke einfügt, die durch die Vorrecherche sichtbar geworden ist.

SPONTANANMELDUNG OHNE VORABRECHERCHE

Dort, wo die zu erwartenden Recherchekosten jedoch in einer Größenordnung liegen, die schon einem guten Teil der Kosten für die Einreichung einer neuen Patentanmeldung entspricht, kann es durchaus sinnvoll sein, gleich anzumelden, ohne vorher beträchtliche Recherchekosten aufgewandt zu haben. So überlässt man die Anmeldung nicht womöglich unnötig der mutigeren Konkurrenz und kann dann im Erteilungsverfahren schauen, wie sich die Erfindung gegenüber dem vom Prüfer aufgedeckten Stand der Technik abgrenzen lässt  - was erstaunlich oft der Fall ist.

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PATENTANSPRUCH | VON ANFANG AN ENG FORMULIEREN?

Für kleine Erfindungen mit wenig Abstand zum Stand der Technik sollten von Anfang an enge Patentansprüche formuliert werden.

Denn ein sehr weit gefasster Anspruch führt oft dazu, dass der Patentprüfer bei seiner Recherche unnötigerweise schädlichen Stand der Technik aufdeckt, der eigentlich relativ weit von dem Kern der Patentanmeldung entfernt ist, für den der Anmelder in jedem Fall Schutz haben möchte. Dann erweist sich oft die "Dominotheorie" als zutreffend - wenn der Prüfer den Hauptanspruch schon auf den ersten Blick als "keinesfalls patentfähig" ansieht, besteht gerade bei einer kleineren Erfindung oft nur noch eine geringere Neigung, den Gegenstand der Unteransprüche oder nachträgliche Einschränkungsversuche als patentfähig anzusehen.

Für durchschnittlich starke Erfindungen und nicht zuletzt auch bei der oben genannten Spontananmeldung (ohne Vorabrecherche) gilt folgende Grundregel:

Die patentanwaltliche Kunst liegt darin, eine Patentanmeldung zu formulieren, deren Patentanspruch zunächst recht weit abgefasst ist, die den Gegenstand der Erfindung jedoch so beschreibt, dass von Anfang an ganz bewusst mehrere, gut durchdachte Möglichkeiten zur potentiellen Einschränkung gegenüber dem Stand der Technik angelegt werden. Sobald das Ergebnis der vom Patentamt im Zuge des Prüfungsverfahrens durchgeführten Recherche vorliegt, wird der Patentanspruch dann nachträglich so eingeschränkt, dass Aussicht auf Patenterteilung besteht.

Die Tatsache, dass ein solches Vorgehen Phantasie und fundierte patentanwaltliche Erfahrung erfordert, versteht sich von selbst.

SCHUTZBEREICH | LANGE ALLE OPTIONEN OFFENHALTEN

Ein einzelnes Patent anmelden, die Patenterteilung herbeiführen und schließlich das Patent bis zum Ablauf seiner Laufzeit aufrecht erhalten – mit einer derart simplen Vorgehensweise lässt sich in den besonders "patentintensiven" Branchen für Schlüsseltechnologien zum Teil kein nachhaltiger Vorsprung mehr gegenüber der Konkurrenz sichern.

Denn die Konkurrenz entwickelt oft sehr schnell Umgehungslösungen, sobald klar ist, in welche Richtung der Patentanmelder seine Patentanmeldung im Laufe des Prüfungsverfahrens einschränken wird, um dem aufgedeckten Stand der Technik auszuweichen.

Es ist dennoch keineswegs in jedem Fall erforderlich, sofort den kostenintensiven Weg zu gehen und von vornherein für eine Erfindung eine Phalanx mehrerer ähnlicher Patente anzumelden und zur Erteilung zu bringen.

Die jahrelange Erfahrung aus einer stetigen Reihe von aktiv geführten Patentverletzungsprozessen hat einen hilfreichen Erfahrungsschatz entstehen lassen, welche Schutzlücken Patentverletzer nutzen, wenn sie feststellen müssen, dass der von ihnen ursprünglich eingeschlagene technische Lösungsansatz bereits durch ein Patent oder Gebrauchsmuster blockiert ist. 

Ich lege daher großen Wert auf eine fundierte Beratung, mit welchem Anmeldeverhalten bzw. welchen Schutzrechtskombinationen sich zu vernünftigen  Kosten ein möglichst schwer zu umgehendes Monopol errichten lässt - ein Monopol, das über die Sperrwirkung eines einzelnen, routinemäßig angemeldeten Patents hinausreicht. MEHR

AUSLANDSANMELDUNGEN | SCHUTZ, WO ER SINNVOLL IST

Bei der Betrachtung mancher Patentportfolios, die ich in der Vergangenheit für meine Mandanten übernommen habe, kam unwillkürlich der Eindruck auf, dass unbesehen auf das Prinzip "viel hilft sicherlich auch viel" vertraut wurde.

Was häufig vergessen wird:

Ein Patent ergibt im Regelfall nur dort Sinn, wo man auch Gerichte findet, mit deren Hilfe sich das Patent mit einigermaßen vorhersehbarem Erfolg, innerhalb endlicher Zeit und zu halbwegs vernünftigen Kosten gegen einen Patentverletzer durchsetzen lässt.

Deutschland verfügt über eine schnelle und routiniert entscheidende Patentgerichtsbarkeit (LG Düsseldorf derzeit etwa 500 Patentverletzungsfälle pro Jahr, LG Mannheim ähnlich viele Fälle, erstinstanzliches Urteil ergeht meist nach etwa einem Jahr). Die Möglichkeiten, im außereuropäischen Ausland schnell, erfolgversprechend und mit wirtschaftlich sinnvollem Aufwand zu klagen, sind hingegen nach wie vor deutlich geringer als gemeinhin vermutet.

Aus gutem Grund entscheiden sich auch solche asiatischen Mittelstands-Unternehmen, die eigentlich auch "zuhause" klagen könnten, nicht ganz selten dazu, ihre Patentstreitigkeiten mit der Konkurrenz stellvertretend vor deutschen Patentstreitgerichten auszutragen.

Aufgrund dessen gilt für so manchen Fall nach wie vor die Faustformel, dass zum effektiven Schutz der Erfindung manchmal lieber ein EP- oder US-Patent mehr und dafür ein südamerikanisches oder südostasiatisches Patent weniger in Betracht gezogen werden sollte.

Es mag provokant klingen, ist aber mittlerweile durch viele Patentverletzungsverfahren bestätigt worden: Vier Patente, die mehrere Facetten ein und derselben Erfindung schützen und jeweils in EP, US und JP in Kraft sind, sind oft um ein Vielfaches mehr wert als ein einziges Patent, das dafür parallel in EP, US, JP, CN, KR, BR, AR, MX, SG, MY, IN, ID in Kraft ist - bei annähernd gleichem Kostenaufwand.

Dabei zählt auch der Einwand nicht, man müsse erst einmal die Entwicklungskapazität haben, um Erfindungen auf die Beine zu stellen, die vier Patentanmeldungen gleichzeitig "befüllen" können.

Denn die Erfahrung lehrt, dass in jedem zweiten Patentanmeldeverfahren der Patentanspruch irgendwann eingeschränkt werden muss.

Nicht selten kommt es dabei zu der Situation, dass aufgrund der Einschränkung ein oder mehrere andere Aspekte der gleichen Erfindung aufgegeben werden müssen, die aber eigentlich noch das Zeug zu einem Patent hätten. Hier schlägt nun für den Anmelder die Stunde, der sein Budget noch nicht durch Anmeldungen in Ländern wie Malaysia, Brasilien etc. erschöpft hat, in denen es keine effizient arbeitende Gerichtsbarkeit gibt, mit deren Hilfe ein örtlicher Patentverletzer gestoppt werden könnte.

Denn wer in dieser Situation noch über "trockenes Pulver" verfügt, der kann nun durch Teilung für die gleiche Erfindung eine weitere Patentanmeldung in Europa, den USA oder Japan ins Leben rufen, die sich auf einen anderen Aspekt der Erfindung bezieht und damit die Umgehung des zuerst erwirkten Patents unter Umständen deutlich erschwert.  

 

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