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BETRIEBSVEREINBARUNG & ERFINDUNG

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IM FOKUS

Das Arbeitnehmererfindergesetz und Betriebsvereinbarungen als Instrument zur Regelung der Arbeitnehmererfindervergütung - ist es möglich, dass sich der Arbeitgeber und der Betriebsrat per Betriebsvereinbarung mit Wirkung für alle Arbeitnehmererfinder in der Belegschaft über den Maßstab einigen, der bei der Berechnung der Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung anzulegen ist? Können sie sich einigen, wie andere Ansprüche aus dem ArbnErfG gehandhabt werden? Können der Arbeitgeber und der Betriebsrat überhaupt eine Betriebsvereinbarung zur Diensterfindung abschließen? Der nachfolgende Betrag gibt einen ersten groben Überblick.

Der Verfasser kennt sich nicht nur als Patentanwalt mit Arbeitnehmererfindungen aus, sondern ist als Rechtsanwalt zugleich mit dem Betriebsverfassungsgesetz und dem allgemeinen Arbeitsrecht vertraut und kann daher aus langjähriger eigener Erfahrung auf diesem Gebiet berichten.

REGELUNGSBEDARF BEI ARBEITNEHMERERFINDUNGEN

PRAXISTAUGLICHE REGELUNGEN FÜR DIE VERGÜTUNG FINDEN

Das Arbeitnehmererfindergesetz sieht vor, dass ein Arbeitnehmererfinder für seine Erfindung, sobald diese benutzt wird, jährliche Vergütungszahlungen zu erhalten hat, die sich danach richten, in welchem Umfang der Arbeitgeber die Erfindung benutzt.

Es liegt auf der Hand, dass hiermit ein hoher Verwaltungsaufwand einhergeht, da die Vergütung jährlich neu berechnet werden muss.

Viele Unternehmen versuchen daher, pauschale Vergütungssysteme zu installieren, die die Anspüche der Arbeitnehmererfinder mit Einmalzahlungen gerecht abgelten. Dies bereits im Vorfeld durch entsprechende Regelungen im Arbeitsvertrag zu tun, ist gesetzlich ausgeschlossen.

Also ist natürlich in der Theorie eine Betriebsvereinbarung ein attraktives Instrument, um die Erfindervergütung und andere Rechte des Arbeitnehmererfinders im Verhältnis zum Arbeitgeber zu regeln.

AUCH WEITERE PUNKTE BEDÜRFEN DER KLÄRUNG

Die Betriebsvereinbarung ist auch über das zuvor Gesagte hinaus ein Mittel, an das gerne gedacht wird:

Denn zu den weiteren Punkten, die in der betrieblichen Praxis oft stiefmütterlich behandelt werden, aber im Vorfeld geklärt werden sollten, gehört zum Beispiel das Recht des Arbeitnehmererfinders, Schutzrechte oder Schutzrechtsanmeldungen zur Übernahme in eigenem Namen auf eigene Kosten angeboten zu bekommen, bevor der Arbeitgeber diese Schutzrechte oder Schutzrechtsanmeldungen fallen lässt, weil er keine Verwendung mehr dafür hat oder Kosten sparen will.

Ebenfalls hierzu gehört das Recht des Arbeitnehmererfinders, in jenen ausländischen Staaten Patente in eigenem Namen und auf eigene Kosten für die Erfindung zu erwirken, in denen der Arbeitgeber keine Patentanmeldung eingereicht hat.

Die beiden vorgenannten Rechtspositionen sind in den meisten Fällen wegen der vergleichsweise hohen Kosten für eine Übernahme bzw. Weiterführung der Schutzrechte rein theoretischer Natur.

Sie führen aber gelegentlich doch dort zum Streit, wo ohnehin angespannte Beziehungen zwischen den Arbeitsparteien herrschen, insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber damit rechnen muss, dass der Arbeitnehmer ein aufzugebendes Schutzrecht tatsächlich übernimmt und dann womöglich alsbald einem neuen Arbeitgeber weiterreicht, der eventuell mehr mit diesem Schutzrecht anfangen kann.

DIE BETRIEBSVEREINBARUNG ALS PRAKTIKABLE REGELUNG

Eine Betriebsvereinbarung nach § 77 BetrVG stellt bekanntlich eine betriebliche Einigung zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat dar, der als Vertreter der Belegschaft handelt. Die Betriebsvereinbarung ist ein eigenes Rechtsinstrument der Betriebsverfassung. Betriebsvereinbarungen besitzen Normwirkung und sind damit eines der wichtigsten Regelungselemente der Betriebsparteien, vgl. Fitting et al. Kommentar zum BetrVG § 77, Rn. 11, 28. Auflage.

Eine Betriebsvereinbarung ist im Prinzip gerade für die effiziente Regelung, wie die Arbeitnehmervergütung zu berechnen ist, ein attraktives Instrument, da eine Betriebsvereinbarung die Auseinandersetzung mit jedem einzelnen Erfinder darüber, was ihm an Vergütung zusteht, überflüssig zu machen verspricht.

DIE SCHWIERIGKEITEN STECKEN IM DETAIL

DIE ABSOLUTE GRENZE...

Betriebsvereinbarungen, die Regelungen über Arbeitnehmererfindungen oder die Hilfe für zu zahlende Erfindervergütung für künftige, d. h. bisher noch nicht gemeldete, Erfindungen aufstellen sollen, sind nicht möglich - es sei denn, die Arbeitnehmererfinder werden günstiger gestellt als nach der gesetzlichen Regelung des Arbeitnehmererfindergesetzes.

Denn einer solchen, die Arbeitnehmererfinder benachteiligenden Betriebsvereinbarung zur Arbeitnehmererfindung bzw. Diensterfindung steht § 22 ArbnErfG entgegen. Diese Vorschrift besagt, dass die Vorschriften des Arbeitnehmererfindergesetzes zu Ungunsten des Arbeitnehmers nicht abbedungen werden können.

Diese Regelung gilt nicht nur für individuelle arbeitsvertragliche Vereinbarungen, sondern auch für das kollektive Arbeitsrecht in Gestalt einer Betriebsvereinbarung.

...UND DIE MÖGLICHKEITEN

Allerdings sieht § 22 des Arbeitnehmererfindergesetzes in seinem Satz 2 auch eine Ausnahme vor: Demnach sind Vereinbarungen über Diensterfindungen nach deren Meldung an den Arbeitgeber möglich.

Hieran anknüpfend bejahen manche Stimmen die Möglichkeit, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, die festlegt, nach welchen Kriterien solche Arbeitnehmererfindungen zu vergüten sind, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Betriebsvereinbarung bereits gemeldet worden sind.

Eine solche Vereinbarung kann in der Praxis gleichermaßen hilfreich wie attraktiv sein, nämlich dann, wenn ein Betrieb die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen und die Notwendigkeit entsprechender Vereinbarungen bislang nicht ernst genommen hat und nun eine große Anzahl von Altfällen zu bewältigen ist, etwa aus dem konkreten Anlass einer Betriebsveräußerung oder eines Mergers.

Andere Stimmen weisen allerdings darauf hin, dass als Vereinbarungen im Sinne des § 22 Satz 2 des Arbeitnehmererfindergesetzes nur auf den Einzelfall bezogene Individualabreden zwischen dem Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer in Betracht kommen.

Diese letztgenannte Auffassung ist durchaus genauer zu hinterfragen, denn § 22 ArbnErfG gilt gleichermaßen für Erfindungen im Sinne des § 2 ArbnErfG wie für qualifizierte technische Verbesserungsvorschläge im Sinne des § 20 ArbnErfG - also solche Verbesserungsvorschläge, die dem Arbeitgeber eine Stellung vermitteln, die mit der durch ein Patent erzeugten Monopolstellung vergleichbar ist.

Ausweislich des § 87 Abs. 1 Nr. 12 des BetrVerfG ist der Gesetzgeber aber davon ausgegangen, dass Regelungen über qualifizierte Verbesserungsvorschläge durchaus per Betriebsvereinbarung getroffen weden können. Angesichts dessen stellt sich die Frage, warum angesichts dessen nicht auch Betriebsvereinbarungen über Erfindungen getroffen werden können sollten.

Hier gilt es, im Einzelfall sorgfältig abzuwägen und – wenn es denn eine Betriebsvereinbarung sein soll – pragmatische Regelungen zu finden, die der besagten Unsicherheit Rechnung tragen.

Dass es hierzu fundierter praktischer Erfahrung bedarf, liegt auf der Hand.

 

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