DIE ERFINDERVERGÜTUNG IM EINKOMMENSTEUERRECHT
» Kontakt
ERFINDERVERGÜTUNG | ZU VERSTEUERNDES EINKOMMEN
Erfindervergütung und Einkommensteuer: Arbeitnehmer, die erstmals eine Diensterfindung gemacht haben, welche ihr Arbeitgeber zum Patent angemeldet hat, äußern gelegentlich die Vermutung, dass die ihnen zustehende Erfindervergütung doch wohl nicht der Einkommensteuer unterworfen sei, sondern steuerfrei wäre.
Die Finanzämter und die Rechtsprechung der Finanzgerichte sehen das allerdings anders. Sie stufen die von den Arbeitnehmererfindern als Erfindervergütung vereinnahmten Beträge regelmäßig als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gem. § 19 EStG ein. Aufgrund dessen hat der Arbeitgeber von der Erfindervergütung einen Lohnsteuerabzug vorzunehmen.
Im Zusammenhang mit der Frage, wie die im Regelfall jährlich gezahlte Erfindervergütung einkommensteuerrechtlich zu behandeln ist, ist auch § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG einschlägig. Kurz zusammengefasst besagt diese Regelung des Einkommensteuergesetzes, dass Vergütungen, die für mehrjährige Tätigkeiten gezahlt werden, ermäßigt zu besteuern sind.
Gerade dort, wo die patentfähige Diensterfindung das krönende Ergebnis einer jahrelangen Entwicklungstätigkeit ist, liegt eigentlich der Gedanke nahe, dass es sich bei der Erfindervergütung um eine Vergütung für die mehrjährige Entwicklungstätigkeit handelt.
Der Bundesfinanzhof folgt diesem Denkansatz allerdings nicht. Stattdessen sieht er die Erfindervergütung im Regelfall als eine Vergütung an, welche für die ein "einmaliges Ereignis" darstellende Inanspruchnahme der Erfindung durch den Arbeitgeber gezahlt wird - dadurch, dass der Arbeitgeber die Rechte an der Erfindung zu einem bestimmten Zeitpunkt an sich zieht, entsteht der Vergütungsanspruch. Dieser wird lediglich zeitlich gestreckt (i. d. R. jahresweise) ausgezahlt, was ihn aber nicht im Sinne des § 34 EStG als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit qualifiziert.
PAUSCHALABFINDUNGEN | STEUERLICHE ERMÄSSIGUNG
Besonders interessant wird die Frage nach der einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Erfindervergütung, wenn der Arbeitgeber gegenüber dem ausscheidenden Arbeitnehmer auf eine Einmalzahlung zur pauschalen Abfindung aller künftigen Ansprüche auf Zahlung von Erfindervergütung dringt.
Solche Fälle stehen in der Praxis oft dann zur Diskussion, wenn der Arbeitnehmer zu einem anderen Arbeitgeber wechselt oder in den Ruhestand geht.
Einen solchen Fall hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 29.2.2012, IX R 28/11 entschieden. Der Fall betraf einen Techniker, der nach fast vierzigjähriger Betriebszugehörigkeit in den Ruhestand ging und eine einmalige Abfindung in Höhe von 518.250 € für den Verlust zurückliegender und zukünftiger Ansprüche auf Arbeitnehmererfindervergütung ausbezahlt erhalten hatte.
Die Finanzverwaltung hatte sich geweigert, diese Abfindung den gem. § 34 EStG nur ermäßigt zu besteuernden "außerordentlichen Einkünften" zuzurechnen, da diese Abfindung nicht als Entschädigung im Sinne des § 34 Abs. 2, Nr. 2 i. V. m. § 24 EStG anzusehen sei. Nach Auffassung der Finanzverwaltung könne von einer Entschädigung im Sinne dieser Vorschrift nur dann die Rede sein, wenn der Steuerpflichtige unter dem Einfluss wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Drucks eine Forderung aufgegeben habe und als Kompensation hierfür die Entschädigung erhalten habe. Wer sich allerdings freiwillig mit seinem Arbeitgeber einige, dass die Ansprüche auf Zahlung von Erfindervergütung pauschal abgegolten werden, der habe nicht unter dem erforderlichen Druck gestanden, um davon sprechen zu können, dass die Pauschalabgeltung eine Entschädigung sei.
Diesem Ansatz der Finanzverwaltung hat der BFH eine Absage erteilt. Der BFH ist zu der Auffassung gekommen, dass es dem von der Rechtsprechung ausgestalteten, ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der "Zwangssituation" widerspricht, wenn bei einer konträren Interessenslage die Existenz von "tatsächlichem Druck" nur deswegen infrage gestellt wird, weil sich die Parteien am Ende doch gütlich geeinigt haben.
Es liegt auf der Hand, dass patent- und rechtsanwaltliche Berater, die für einen Arbeitnehmererfinder einen Vergleich aushandeln, der eine Pauschalabfindung des Anspruchs auf Zahlung von Arbeitnehmererfindervergütung vorsieht, die Details dieses BFH-Urteils bei der Abfassung des Vergleichsvertrages zu beachten haben.