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BGH FISHTAIL PARKA, I ZR 210/12

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IM FOKUS

Das BGH-Urteil vom 08.05.2014, I ZR 210/12 – „fishtailparka“ steht hier im Fokus, weil es zeigt, wie wichtig es ist, bei gegebenem Anlass eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nur unter einer auflösenden Bedingung abzugeben. Darüber hinaus kommt der BGH-Entscheidung "Fishtail Parka" auch deswegen grundsätzliche, nachfolgend allerdings nicht näher erörterte Bedeutung zu, weil der BGH mit dieser Entscheidung der Frage schärfere Konturen gibt, unter welchen Umständen man den durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zustande gekommenen Unterlassungsvertrag kündigen kann. Der nachfolgende Beitrag erklärt genauer, warum der in dem BGH-Fall Betroffene gut daran getan hätte, seine Unterlassungserklärung nur unter einer auflösenden Bedingung abzugeben.

DIE AUSGANGSSITUATION

Der Kläger ist Inhaber der nachfolgend eingeblendeten Wort-Bildmarke, die (solange sie nicht gelöscht worden ist) nur von ihm für Oberkleidung genutzt werden darf.

 

 

Der Kläger und die Beklagten sind Wettbewerber beim Vertrieb von Armeebekleidung im Internet. Zu der angebotenen Armeebekleidung gehören auch die Parkas M-51 und M-65 der US-Army. Diese Parkas sind im Rückenbereich deutlich länger als im vorderen Bereich. Wegen ihres besonderen Schnitts werden dieses Parkas  vom Publikum auch als als "fishtailparkas" bezeichnet (fishtail = Fischschwanz).

Als "Fishtail-Parka" bezeichneter US-Army-Parka M-51

Der Kläger mahnte wegen Markenverletzung ab. Er machte zutreffend geltend, die Markenverletzung sei darin zu sehen, dass die Beklagten die Bezeichnung "fishtailparkas and more" und die Domainnamen "fishtailparka.com" sowie "fishtailparka.de" markenmäßig für Oberbekleidung nutzen. Die Beklagten gaben eine strafbewehrte Unterlassungserklärung wie nachfolgend zitiert ab, auflösend bedingt für den Fall, dass der Markenschutz entfällt:

Die Beklagten verpflichten sich, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung des Klägers Armeebekleidung über das Internet zum Kauf anzubieten oder anbieten zu lassen, wenn dies geschieht

a) unter Verwendung der Domain "fishtail-parka.com" und/oder "fishtail-parka.de" und/oder

b) unter Verwendung des Zeichens "fishtailparkas and more", soweit der Begriff "fishtailparkas" nicht ausschließlich zur Bezeichnung der US-Army-Parkas M-51 und/oder M-65 gebraucht wird.

Das von den Beklagten gegen die Marke mit dem richtigen Argument angestrengte Löschungsverfahren, dass die Marke "fishtail parka" für Oberbekleidung in Gestalt von Parkas rein beschreibend ist und daher vollumfäglich gelöscht werden muss, ging allerdings ganz anders aus als erwartet:

Das DPMA entschied, dass die Marke aufgrund ihrer besonderen grafischen Ausgestaltung gerade noch die für ihre Rechtsbeständigkeit erforderliche Unterscheidungskraft habe und daher (nur) wegen ihrer grafischen Ausgestaltung bestehen bleiben kann.

Nachdem die Beklagten bei ihrer Benutzung des Worts „fishtail“ von der besonderen grafischen Ausgestaltung keinen Gebrauch machten und damit eigentlich die gegnerische Marke nicht benutzen, haben sie versucht, die damit zu weit gefasste Unterlassungserklärung zu kündigen. Der BGH hat die Kündigung nicht akzeptiert.

Die Beurteilung der Frage, ob der vom Kläger verfolgte gesetzliche Unterlassungsanspruch bestand, fiel nach der vertraglichen Unterlassungsvereinbarung in den Risikobereich der Beklagten.

Nach dem Grundsatz interessengerechter Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2013 - I ZR 9/12, GRUR 2013, 1213 Rn. 32 = WRP 2013, 1620 - Sumo, mwN) ist die von der Erwartung beider Parteien abweichende Begründung der Schutzfähigkeit der Klagemarke durch das Deutsche Patent- und Markenamt allein der Risikosphäre der Beklagten zuzuordnen, die die Unterlassungserklärungen abgegeben haben. Im Hinblick auf die streiterledigende, befriedende und einen gerichtlichen Titel ersetzende Funktion von Unterlassungserklärungen entspricht es in aller Regel dem objektiven Interesse beider Vertragsparteien, ihre Beseitigung nur dann zuzulassen, wenn der Grund für die Beseitigung bei einem Vollstreckungstitel als Einwendung nach § 767 ZPO geltend gemacht werden könnte. Besondere Umstände, die ausnahmsweise zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind im Streitfall nicht ersichtlich. Die Beklagten hatten im Gegenteil von Anfang an erhebliche Bedenken, ob die Klagemarke Bestand haben würde. Sie haben sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gleichwohl zur Unterlassung verpflichtet, weil sie kein wirtschaftliches Interesse an einer gerichtlichen Auseinandersetzung hatten. Als auflösende Bedingung haben sie nur den Fortfall der Marke vereinbart.

 

Nicht weniger schwierig zu handhaben ist der dritte Kündigungsgrund aus der oben genannten Liste. Dieser Kündigungsgrund dürfte vor allem bei relativ krassen Fällen zum Zuge kommen. Ein solcher Fall liegt dem BGH-Urteil vom 14.02.2019, I ZR 6/17 – „Kündigung der Unterlassungserklärung“ zugrunde.

In diesem Fall hat ein nahezu vermögensloser Kläger massenhaft abmahnen lassen und ist dabei angeblich anwaltliche Honorarforderungen von mehr als 65.000 EUR eingegangen. Der BGH ist daraufhin in einer Linie mit dem zuvor mit der Sache befassten OLG davon ausgegangen, dass hier ein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegt:

Rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG liegt vor, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind, wie etwa das Interesse, Gebühren zu erzielen oder den Gegner durch möglichst hohe Prozesskosten zu belasten oder ihn generell zu schädigen. Ein Anhaltspunkt für eine missbräuchliche Rechtsverfolgung kann sich unter anderem daraus ergeben, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zu der gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht.

DIE KÜNDIGUNG GEMÄSS § 313 BGB

Wie schon oben angesprochen, zieht der BGH die Kündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage recht zurückhaltend in Erwägung. Das ist der Entscheidung des BGH, Urteil vom 08.05.2014, I ZR 210/12 – „fishtailparka“ zu entnehmen, vgl. auch Teplitzky/Schaub, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. A. 2016, Kap. 20, Rn. 25, am Ende:

Änderungen in der rechtlichen Beurteilung des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs, der dem Unterlassungsvertrag zugrunde liegt, die für eine außerordentliche Kündigung nicht ausreichen, sind regelmäßig nicht geeignet, einen Wegfall der Geschäftsgrundlage zu begründen oder die Geltendmachung des vertraglichen Unterlassungsanspruchs rechtsmissbräuchlich erscheinen zu lassen.