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LIZENZVERTRÄGE IN DER INSOLVENZ

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IM FOKUS

Was passiert mit einem Lizenzvertrag im Falle der Insolvenz? Das Thema der "Insolvenzfestigkeit" von Lizenzverträgen ist nicht zuletzt für Patenlizenzen und Designlizenzen von erheblicher praktischer Bedeutung, da es  unter Umständen darum geht, ob das lizenzierte Produkt weitergebaut werden kann.    Der nachfolgende Beitrag gibt Hinweise für die Praxis.

INSOLVENZFESTIGKEIT VON LIZENZVERTRÄGEN

Das Thema "Lizenzverträge und Lizenzen in der Insolvenz" und die Frage nach der Insolvenzfestigkeit von Lizenzverträgen ist ein gleichermaßen interessantes wie praxisrelevantes Thema. Für einen Betrieb, der auf der Grundlage einer Patentlizenz eine Produktion eingerichtet hat, besteht unter dem Gesichtspunkt des Investitionsschutzes ein vitales Interesse daran, die Lizenzproduktion auch dann fortführen zu können, wenn über das Vermögen des Lizenznehmers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und das lizensierte Patent in die Insolvenzmasse fällt.

DIE INSOLVENZ DES LIZENZGEBERS

Für den Fall, dass der Lizenzgeber in Insolvenz fällt, gilt § 103 InsO. 

Unkritisch ist die Lage der Dinge, wenn der Lizenzvertrag von Seiten des Lizenznehmers bereits vollständig erfüllt worden ist - so, wie das beispielsweise bei einem kostenlosen Mitbenutzungsrecht der Fall ist, das dem Lizenznehmer eingeräumt wurde, um ihn dazu zu bewegen, auf einen Angriff in Form eines Einspruchs gegen das europäische Patent zu verzichten. Der Lizenzvertrag besteht dann unbeschadet der Insolvenz fort - wobei allerdings nicht verschwiegen werden soll, dass in der Vertragspraxis bei weitem nicht jede Formulierung "man werde nicht angreifen" ausreicht, um das Wahlrecht des Insolvenzverwalters zu eliminieren, hier gilt es, die Schwachstellen der gängigen in der Praxis anzutreffenden Formulierungen zu kennen. 

Ebenfalls unkritisch dürfte die Lage des Lizenznehmers sein, wenn er "lediglich" Inhaber einer wirksam erteilten Unterlizenz ist. Denn der BGH hat mit seiner neueren Rechtsprechung festgelegt, dass Unterlizenzen bei Wegfall der Hauptlizenz nicht automatisch erlöschen:

  • BGH I ZR 24/11 - "Take Five" für den Fall einer Musikunterlizenz
  • BGH I ZR 70/10 - "M2Trade" für den Fall einer Softwarelizenz
  • BGH I ZR 153/06 - "Reifen Progressiv" für den Fall einer Softwarelizenz

Die vom BGH angeführten Argumente lassen sich ohne Weiteres auch auf den insolvenzbedingten Wegfall der Hauptlizenz anwenden. Man wird daher eine Unterlizenz als "insolvenzfest" gegenüber der Insolvenz des Schutzrechtsinhabers ansehen können.

Für alle anderen Fälle gilt: Falls der Lizenzvertrag - wie bei genauem Hinsehen so oft - noch von keiner Seite vollständig erfüllt worden ist, hat der Insolvenzverwalter das Recht, die Erfüllung des Lizenzvertrages zu verlangen. Stattdessen kann er aber auch die Erfüllung des Lizenzvertrages ablehnen. Hierdurch hat er ggf. die Möglichkeit, das betroffene Schutzrecht anderweitig besser verwerten zu können, etwa im Rahmen einer Veräußerung des gesamten Betriebes. 

Dem bisherigen Lizenznehmer bleibt dann nur noch die Möglichkeit, seine durch die Nichterfüllung des Lizenzvertrages entstehenden Forderungen als Insolvenzgläubiger zur Tabelle anzumelden. Eine solche Ablehnung der Vertragserfüllung stellt natürlich für den bisherigen Lizenznehmer, der womöglich im Vertrauen auf die Lizenz erhebliche Investitionen getätigt oder sogar eine Produktion aufgebaut hat, nicht selten eine bedrohliche Härte dar. 

Das führt aus der Sicht eines Lizenznehmers zu der spannenden Frage, wie sich ein Lizenzvertrag möglichst "insolvenzfest" gestalten lässt. 

Die erstaunlicherweise auch heute noch immer wieder anzutreffenden Vertragsklauseln nach dem Muster "im Falle der Insolvenz des Lizenzgebers bleiben die auf den Lizenznehmer übertragenen Rechte unberührt" scheitern regelmäßig an § 119 InsO, der eine Einschränkung künftiger Rechte aus den §§ 103 bis 108 InsO verbietet. Der Wunsch, einer De-facto-Insolvenzfestigkeit gerecht zu werden (was durchaus möglich ist), stellt durchaus eine Herausforderung für den anwaltlichen Berater dar. Dieser hat sich nicht nur mit dem Insolvenzrecht auszukennen, sondern sollte tunlichst auch sehr genau mit den diesbezüglichen Feinheiten des Patent-, Marken- und Designrechts bzw. des Urheberrechts vertraut sein.

DIE INSOLVENZ DES LIZENZNEHMERS

Für den Fall, dass der Lizenznehmer die Partei ist, die in Insolvenz fällt, gilt Folgendes:

Vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens rückständig gewordene Lizenzgebühren teilen selbstverständlich das Schicksal jedes anderen Zahlungsanspruchs.

Übt der Insolvenzverwalter sein Wahlrecht gem. § 103 InsO dahingehend aus, dass er die Erfüllung des Lizenzvertrages wählt und die Nutzung der Lizenz fortsetzt, dann sind die von nun an entstehenden Lizenzgebühren Masseschulden (§§ 53, 55 Abs. 1, Nr. 2 Inso), sodass der Lizenzgeber für die künftige Fortsetzung der Nutzung zuverlässig bekommt, was ihm gebührt. 

Für einen Lizenzgeber, der sich von der umgesetzten Produktstückzahl abhängige Lizenzgebühren versprechen lassen und daraufhin womöglich sogar eine exklusive Lizenz erteilt hat, ist es ausgesprochen ärgerlich, dass die Insolvenz trotz des damit einhergehenden, oft drastischen Umsatzeinbruchs nicht dazu berechtigt, den Lizenzvertrag zu kündigen - selbst wenn im Lizenzvertrag für diesen Fall eine "Kündigungsmöglichkeit" vorgesehen ist. Denn hier greift die Kündigungssperre des § 112 InsO. Somit ist der Lizenzgeber in seinem Bemühen blockiert, das Schutzrecht anderweitig gewinnbringender zu lizensieren.

Auch diesem Umstand weiß ein im Umgang mit Schutzrechten erfahrener Vertragsrechtler tunlichst schon bei der Beratung Rechnung zu tragen.

DER INSOLVENZBEDINGTE BETRIEBSÜBERGANG

Im Zuge der insolvenzbedingten Abwicklung kommt es regelmäßig zu Betriebsübergängen oder Teilbetriebsübergängen auf einen neuen Erwerber, der wesentliche Teile der Insolvenzmasse gekauft hat. 

In dieser Situation stellt sich zum einen die Frage, ob die betreffende Lizenz (z. B. an einem für die Fortsetzung der Produktion dringend benötigten Patent) überhaupt im Zuge eines Betriebsübergangs übertragbar ist - oder ob nicht eventuell ein ganz anderer Weg beschritten werden muss, um die Lizenz zu "übertragen". Zu denken ist hier beispielsweise an eine Verschmelzung der entschuldeten Gesellschaft mit der übernehmenden Gesellschaft, sodass die rechtsgeschäftlich nicht übertragbare Lizenz im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergehen kann. 

Für den Lizenzgeber bedeutet dies, dass er sich schon bei Vertragsabschluss darüber Gedanken machen sollte, ob er derartigen "Imponderabilien" nicht von vornherein durch eine entsprechende Vertragsklausel vorbeugen will - denn der spätere Abkäufer des Insolvenzverwalters könnte sein schärfster Konkurrent sein... 

Ein erfahrener Vertragsrechtler, der zudem mit den Feinheiten des Patent-, Marken-, Design- und Urheberrechts vertraut ist, weiß hier, welche Klauseln für den konkreten Fall zur Wahl stehen. 

Ebenfalls als sehr spannend erweist sich immer wieder die Tatsache, dass die ausdrückliche Übertragung einer an sich notwendigen Lizenz bei der Betriebsübertragung häufig schlicht und einfach vergessen wird. 

Dabei stellt sich zum Teil erst nach geraumer Zeit heraus, dass der Erwerber des aus der größeren Insolvenzmasse herausgekauften Betriebs mit dem notariellen Vertrag und dem zugehörigen ausführlichen Inventarverzeichnis alles bis hin zum Kleinteilelager erworben hat - außer der für die ungestörte Produktion benötigten Lizenz an einem Patent eines Dritten, mit dem man sich vor Jahren im Wege eines weitere Schutzrechtsstreitigkeiten vermeidenden Vergleichs geeinigt hatte, der jedoch im Rahmen der Inventur nicht berücksichtigt wurde, weil die Rechte aus einem im Archiv liegenden Vertrag nun einmal nicht zu den "Gütern" gehören, die typischerweise bei der Inventarisierung erfasst werden.

Dies kann zu erheblichen Problemen führen, da sich ein solches Versehen wenn, dann nur noch mit Wirkung für die Zukunft heilen lässt, indem die vergessene Übertragung nachgeholt wird - soweit überhaupt noch möglich. Gegenüber dem Schutzrechtsinhaber, der mit einer Klage droht, um für die bisherigen Benutzungshandlungen Schadensersatz zu liquidieren, bietet eine solche Nachholung indes keinen hinreichenden Schutz.

 

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