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Schadensersatz bei Patentverletzung

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FAZIT

Mit der Entscheidung "Tintenpatrone II" bestätigt der Bundesgerichtshof seine bisherige Auffassung, nach welchen Regeln zu entscheiden ist, wenn sowohl der Inhaber eines Patents oder eines Gebrauchsmusters als auch der Inhaber einer ausschließlichen Lizenz an diesem Schutzrecht Schadensersatz gegenüber einem Patentverletzer bzw. Gebrauchsmusterverletzer geltend machen.

Soweit nachfolgend nur von Patenten gesprochen wird, ist festzuhalten, dass das Gesagte aber genauso für Gebrauchsmuster gilt und für andere ein ausschließliches Recht verleihende Schutzrechte wie beispielsweise Marken oder Geschmacksmuster - auch wenn der Bundesgerichtshof nur zu den technischen Schutzrechten entschieden hat.


RECHTLICHE GRUNDLAGEN ZU DER BGH-ENTSCHEIDUNG

Zu diesem Themenkomplex gibt es unterschiedliche Fallkonstellationen, die man kennen muss, um die aktuelle BGH-Entscheidung einordnen zu können:

  • In jenen Fällen, in denen der Patentinhaber eine ausschließliche Lizenz an seinen Schutzrechten vergeben hat, derart, dass keine Nutzungsrechte mehr bei ihm verbleiben und er auch nicht geschädigt ist, kann nur der ausschließliche Lizenznehmer vom Verletzer Schadensersatz verlangen, nicht aber der Patentinhaber. Eine solche Konstellation liegt typischerweise in dem schlagwortartig als „Holding-Fall“ zu bezeichnenden Fall vor. In einem solchen Fall ist beispielsweise eine nicht operativ tätige Verwaltungsgesellschaft Schutzrechtsinhaberin, während der als eigene Rechtspersönlichkeit organisierte Herstellungsbetrieb die geschützten Gegenstände (naturgemäß exklusiv) herstellt und vertreibt, ohne allerdings Lizenzgebühren an die Verwaltungsgesellschaft zu bezahlen.
  • Falls der Patentinhaber eine ausschließliche Lizenz an seinen Schutzrechten vergeben hat, die aber zeitlich, örtlich oder in der Sache beschränkt ist, weshalb noch Rechte beim Patentinhaber verblieben sind, können der Patentinhaber und sein ausschließlicher Lizenznehmer unabhängig voneinander Schadensersatz geltend machen. Jeder kann den bei sich selbst entstandenen Schaden einklagen. Dabei kann jeder der Anspruchsberechtigten für sich zwischen einer der drei üblichen Berechnungsmethoden wählen.
  • Schließlich können auch in jenen Fällen, in denen der Patentinhaber eine ausschließliche Lizenz an seinen Schutzrechten vergeben hat und keine Nutzungsrechte mehr bei ihm verblieben sind, sowohl vom Patentinhaber als auch von seinem Lizenznehmer Schadensersatz geltend gemacht werden, wenn der Patentinhaber trotzdem geschädigt ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, weil sein Lizenznehmer aufgrund der Missachtung des Schutzrechts durch den Verletzer einen geringeren Umsatz gemacht hat und daher auch geringere Lizenzgebühren bezahlt hat, oder weil der Lizenznehmer gewisse Komponenten für den lizenzierten Gegenstand beim Patentinhaber zugekauft hat und wegen der Missachtung des Schutzrechts durch den Verletzer die Stückzahl der beim Patentinhaber bzw. Schutzrechtsinhaber zugekauften Komponenten gesunken ist.

Falls der letztgenannte Fall vorliegt, gilt es, in der Klage, mit der der Schadensersatz des Patentinhabers und seines Lizenznehmers geltend gemacht wird, einiges zu beachten, denn es stehen in einem solchen Fall drei Möglichkeiten für das Einklagen des Schadensersatzes zur Verfügung:

  • Der Patentinhaber und der ausschließliche Lizenznehmer können eine gemeinsame Klage gegen den Verletzer einreichen. Mit dieser Klage wird der Ausgleich des vollen Schadens begehrt und der Verletzer wird zur Zahlung an den Patentinhaber und den Lizenznehmer gemeinsam verurteilt. Den mit der Klage durchgesetzten Betrag haben der Patentinhaber und sein Lizenznehmer dann im Anschluss an die erfolgreiche Schadensersatzhöheklage außerhalb des Rechtsstreits zwischen sich aufzuteilen, wobei in einem solchen Fall keine Gesamtgläubigerschaft vorliegt.
  • Alternativ kann entweder der Patentinhaber oder sein ausschließlicher Lizenznehmer aus eigenem und abgetretenem Recht vorgehen, sodass nur einer dieser beiden als Kläger auftritt – das heißt der Patentinhaber setzt neben dem eigenen Schadensersatzanspruch auch den an ihn abgetretenen Schadensersatzanspruch des Lizenznehmers durch oder umgekehrt. Eingeklagt wird der gesamte Schaden, wobei der nach erfolgreicher Klage zugesprochene Gesamtbetrag im Anschluss an den Rechtsstreit einvernehmlich zwischen dem Patentinhaber und seinem Lizenznehmer aufzuteilen ist.
  • Die dritte Möglichkeit ist die, dass der Patentinhaber und der Lizenznehmer jeweils eine eigene Klage erheben, mit der jeweils nur derjenige Teil des Schadens eingeklagt wird, der bei dem jeweiligen Kläger (also bei dem Patentinhaber oder bei dem Lizenznehmer) entstanden ist. Diese Möglichkeit ist allerdings aufwendig und riskant. Denn der Verletzer hat maximal den vollen Schaden zu bezahlen. Es muss also im Rahmen jeder einzelnen Klage dargelegt und bewiesen werden, welcher Teil des Schadens auf den betreffenden Kläger entfällt, was naturgemäß eine hohe Hürde darstellt.


DER AKTUELL VOM BGH ENTSCHIEDENE FALL

In dem vom BGH jetzt entschiedenen Fall war es so, dass die Gebrauchsmusterinhaberin und ihre Lizenznehmerin zunächst gemeinsam auf Schadensersatz geklagt hatten, nach Maßgabe der ersten oben erläuterten Alternative.

Das Landgericht hatte der Zahlungsklage nur teilweise stattgegeben.

Auf die Berufung der Beklagten hin hatten die Gebrauchsmusterinhaberin und die Lizenznehmerin beide eine eigene Anschlussberufung eingelegt, jeweils mit dem Ziel, einen höheren Betrag als Schadensersatz durchzusetzen. Die Gebrauchsmusterinhaberin hat ihre Anschlussberufung später zurückgenommen. Im Zusammenhang damit hat sie ihre Ansprüche an die Lizenznehmerin abgetreten.

Das Berufungsgericht hatte die Klage daraufhin in vollem Umfang abgewiesen.

Es war zu der Auffassung gekommen, dass die klagende Lizenznehmerin alleine, ohne die Gebrauchsmusterinhaberin, nicht den gesamten Schaden einklagen kann. Dem stehe entgegen, dass es für ein Einklagen des gesamten Schadens nach Maßgabe der ersten oben erläuterten Alternative einer gemeinsamen Klage der Gebrauchsmusterinhaberin und der Lizenznehmerin bedürfe, eine solche liege aber nach dem Ausscheiden der Gebrauchsmusterinhaberin aus dem Berufungsverfahren nicht mehr vor.

Auch die Tatsache, dass die Gebrauchsmusterinhaberin ihren Schadensersatzanspruch vor Rücknahme ihrer Anschlussberufung an die Lizenznehmerin abgetreten habe, helfe hier nicht weiter. Denn es sei ja so, dass der Gebrauchsmusterinhaberin der Anspruch auf Ersatz ihres Schadens rechtskräftig aberkannt worden sei, nachdem sie ihre Anschlussberufung zurückgenommen habe. Diesen Umstand müsse sich auch die Lizenznehmerin bei Geltendmachung der an sie abgetretenen Forderung entgegenhalten lassen, da sie letztendlich eine rechtskräftig aberkannte Forderung erworben habe.

Dem ist der Bundesgerichtshof entgegengetreten.

Der Bundesgerichtshof ist zu dem Schluss gekommen, dass die beiden Klägerinnen (die Gebrauchsmusterinhaberin und die Lizenznehmerin) notwendige Streitgenossen im Sinne von § 62, Abs. 1, Fall 2 ZPO sind. Die notwendige Streitgenossenschaft hat dann gemäß § 62, Abs. 2 ZPO zur Folge, dass ein Streitgenosse auch dann weiter am Verfahren zu beteiligen ist, wenn er gegen eine Instanzentscheidung kein Rechtsmittel eingelegt hat.

Aufgrund dessen hatte der Umstand, dass die Gebrauchsmusterinhaberin das erstinstanzliche Urteil nicht mit der Berufung angefochten und die von ihr eingelegte Anschlussberufung später zurückgenommen hat, nicht zur Folge, dass die vom Landgericht ausgesprochene teilweise Klageabweisung rechtskräftig geworden ist.

Somit ist der Bundesgerichtshof zu dem Schluss gekommen, dass über den von der Gebrauchsmusterinhaberin an die Lizenznehmerin abgetretenen Schadensersatzanspruch noch keine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, weshalb die Lizenznehmerin ihre Klage auf Verurteilung zur vollständigen Zahlung des Schadensersatzes, gestützt auf eigenes und abgetretenes Recht, umstellen konnte.

 

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