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BERECHNUNG DER ERFINDERVERGÜTUNG

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GRUNDSÄTZLICHES ZUR VERGÜTUNGSBERECHNUNG

Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten in den Grundzügen damit vertraut sein, wie die angemessene Erfindervergütung berechnet wird, die dem Arbeitnehmererfinder zusteht. Der nachfolgende Aufsatz führt vollständig in das Thema "Berechnung der Erfindervergütung" ein und ermöglicht es dem Leser, anschließend selbstständig überschlägige Berechnungen anzustellen, in welcher Größenordnung sich die angemessene Erfindervergütung bewegen mag.

Für ein erfolgreiches Vorgehen in einem Vergütungsstreit vor der Schiedsstelle des DPMA in München oder den Landgerichten sind allerdings zahlreiche entscheidende Feinheiten gefragt - sprechen Sie mich einfach spontan an, derartige Streitigkeiten gehören zum Kernbereich meiner patent- und rechtsanwaltlichen Tätigkeit.

Für die Berechnung, wie hoch die Erfindervergütung ausfällt, steht mit den bereits auf das Jahr 1959 zurückgehenden Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst ein recht detailliertes Regelwerk zur Verfügung - das unter Beachtung der §§ 40 bis 42 ArbnErfG analog auf Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, Beamte, Soldaten und bei Hochschulerfindungen anzuwenden ist.

Die Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen bauen auf folgender Formel auf, deren Bestandteile nachfolgend näher erläutert werden:

Die zu zahlende Erfindervergütung V ist mithilfe folgender Formel  aus dem Erfindungswert E und dem in % angegebenen Anteilsfaktor A zu berechnen, den der einzelne Arbeitnehmer-Erfinder an der Diensterfindung hat:

V = E x A

VERGÜTUNGSRICHTLINIEN │ ERFINDUNGSWERT

Als Grundregel gilt,  dass nur der Erfindungswert E für die Berechnung der Erfindervergütung relevant ist, d. h. der tatsächliche wirtschaftliche Wert, den die Diensterfindung für den Arbeitgeber des Erfinders hat.

Um den Erfindungswert E zu ermitteln, stehen drei unterschiedliche Methoden zur Verfügung:

  • Ermittlung des Erfindungswertes nach der Lizenzanalogie (praxisrelevant)
  • Ermittlung des Erfindungswertes n. d. erfassbaren betrieblichen Nutzen (gelegentlich benötigt)
  • Schätzung des Erfindungswertes (selten, nachfolgend nicht näher erörtert)

ERMITTLUNG DES ERFINDUNGSWERTES NACH DER LIZENZANALOGIE

Diese Berechnungsmethode setzt als Maßstab an, welcher prozentuale Lizenzsatz vom jährlichen Umsatz mit den erfindungsgemäßen Produkten in vergleichbaren Fällen einem freien Erfinder gezahlt wird. Es ist die in der Praxis am häufigsten verwendete Berechnungsmethode.

Festzulegen ist, was im konkreten Fall als sog. Bezugsgröße für den Umsatz heranzuziehen ist und welcher prozentuale Lizenzsatz auf den so errechneten Umsatz anzuwenden ist. Der Erfindungswert E errechnet sich dann wie folgt:

E = Bezugsgröße x Lizenzsatz in %


DIE BEZUGSGRÖSSE

Unter der Bezugsgröße ist dabei der Teil des patentierten Produkts zu verstehen, dessen Wert zur Berechnung des Umsatzes herangezogen wird, von dem ein prozentualer Anteil als Lizenzgebühr abzuführen ist.

Als anschauliches Beispiel mag hier ein Patent dienen, das einen Personenaufzug mit einem innovativen Antrieb für die Kabinentür schützt. Es macht einen eklatanten Unterschied, ob bei der Berechnung des für die Lizenzgebühr maßgeblichen Jahresumsatzes der Wert des gesamten, vom Patentanspruch unter Schutz gestellten Personenaufzuges zugrunde gelegt wird oder nur der wesentlich geringere Wert des Kabinentürantriebs oder sogar nur dessen Antriebsmotor, der überwiegend den Kern der Innovation bildet.

DER LIZENZSATZ

Sodann ist zu ermittlen, welche Lizenzsätze in vergleichbaren Fällen freien Erfindern gezahlt werden. Das bedarf fundierter Erfahrung, denn übliche Lizenzsätze liegen innerhalb einer großen Spanne. Werte  zwischen 0.1 % und 5 % sind nicht ungewöhnlich.

ERMITTLUNG DES ERFINDUNGSWERTES NACH BETRIEBLICHEM NUTZEN

Nach dem erfassbaren betrieblichen Nutzen wird der Erfindungswert im Regelfall immer dann berechnet, wenn der Arbeitgeber das für die Diensterfindung erworbene Schutzrecht nicht benutzt, also im Falle eines Produktpatents keine entsprechenden Produkte herstellt oder vertreibt. Folgende Beispiele kommen in der Praxis immer wieder vor:


LIZENZEINNAHMEN AUS DEM PATENT

Der Arbeitgeber benutzt das für die Diensterfindung erworbene Patent nicht selbst, sondern lässt es einen Dritten benutzen und nimmt hierfür Lizenzgebühren ein. Diese Lizenzgebühren verkörpern einen betrieblichen Nutzen und damit den maßgeblichen Erfindungswert E. Der Arbeitnehmer-Erfinder ist hieran zu beteiligen.


SCHADENSERSATZ WEGEN PATENTVERLETZUNG

Der Arbeitgeber nutzt das für die Diensterfindung erworbene Patent als Blockadepatent und setzt es erfolgreich gegen einen Schutzrechtsverletzer vor Gericht durch. Der vom Schutzrechtsverletzer zu bezahlende Schadensersatzbetrag verkörpert einen betrieblichen Nutzen und damit den maßgeblichen Erfindungswert E. Der Arbeitnehmer-Erfinder ist hieran zu beteiligen.


PATENT-VERKAUF

Der Arbeitgeber veräußert das für die Diensterfindung erworbene Patent an einen Erwerber. Der Kaufpreis verkörpert dann den betrieblichen Nutzen und damit den maßgeblichen Erfindungswert E. Der Arbeitnehmer-Erfinder ist hieran zu beteiligen. Demgegenüber sind die Benutzungshandlungen des Erwerbers des Patents für die Berechnung der Erfindervergütung irrelevant - was oft außer Acht gelassen wird.


Es liegt in der Natur der Sache, dass es in Fällen, wie den eben genannten, notwendig werden kann, komplexe Sachverhalte zu bewältigen, was fundierte anwaltliche Erfahrung erfordert. Anschauliche Beispiele bilden folgende Fälle:

  • Der vergütungspflichtige Arbeitgeber veräußert zu einem nicht einzeln aufgeschlüsselten Gesamtpreis einen Teilbetrieb mitsamt der von diesem benötigten Schutzrechte, zu denen auch die für die Arbeitnehmererfindung erteilte Patentfamilie gehört.
  • Der vergütungspflichtige Arbeitgeber ist ein Konzernunternehmen, das das ihm für die Arbeitnehmererfindung erteilte Patent an die Holdinggesellschaft des Konzerns überträgt, welche ihrerseits stillschweigend fünf anderen Konzerntöchtern die Benutzung des Patents gestattet.

VERGÜTUNGSRICHTLINIEN │ ANTEILSFAKTOR

Selbstverständlich steht dem Arbeitnehmer-Erfinder von dem nach Maßgabe der bisherigen Darlegungen ermittelten Erfindungswert E nur ein gewisser Anteil zu - denn ein guter Teil des Erfindungswerts gebührt natürlich dem Unternehmen. Dies wird in der eingangs genannten Formel durch Multiplikation des Erfindungswerts E mit dem sog. Anteilsfaktor A berücksichtigt.

DIE WERTZAHLEN a, b, c

Um den Anteilsfaktor A zu bestimmen, sind zunächst die drei Wertzahlen a, b und c zu ermitteln.

DIE EIGENINITIATIVE ZÄHLT - WERTZAHL a

Die Wertzahl a kann Werte zwischen 1 und 6 annehmen. Ihr Wert hängt - kurz gesagt - davon ab, wieviel Eigeninitiative der Arbeitnehmer-Erfinder beim Erkennen der Aufgabe entwickelt hat, die mit der Erfindung bewältigt wird. Es kommt also auf das Maß der Eigeninitiative bei der Aufdeckung der betrieblichen Mängel und Bedürfnisse an. Je höher die Eigeninitiative des Arbeitnehmers war, desto höher ist die Wertzahl a, welche im nächsten Schritt seinen  Anteilsfaktor A mitbestimmt, mit dem er am Erfindungswert beteiligt wird.

Die Wertzahl wird ermittelt, indem der konkrete Fall demjenigen Sachverhalt aus Tabelle I zugeordnet wird, der am besten zutrifft.

► DIE NUTZUNG BETRIEBLICHER RESSOURCEN ZÄHLT  - WERTZAHL b

Die Wertzahl b kann ebenfalls Werte zwischen 1 und 6 annehmen. Ihr Wert hängt - kurz gesagt - davon ab, auf wieviel Unterstützung bzw. betriebliche Ressourcen des Arbeitgebers der Erfinder bei der Entwicklung der erfindungsgemäßen Lösung zurückgreifen konnte.

Die Wertzahl b wird ermittelt, indem der konkrete Fall all denjenigen Sachverhalten aus Tabelle II zugeordnet wird, die auf ihn zutreffen. Jeder zutreffende Sachverhalt schmälert die Leistung des Erfinders und verringert daher die Wertzahl b, die im nächsten Schritt seinen Anteilsfaktor A mitbestimmt.


► DIE STELLUNG UND BETRIEBLICHE VERANTWORTUNG ZÄHLT - WERTZAHL c

Die Wertzahl c kann Werte zwischen 1 und 8 annehmen. Ihr Wert hängt - kurz gesagt - davon ab, ob die Erfindung von einem ungelernten Arbeiter (c=8) oder von einem dazu berufenen Entwicklungsleiter gemacht wurde, von dem eine derartige Erfindung tendenziell erwartet werden kann (c=1).

Die Wertzahl c wird ermittelt, indem die betriebliche Stellung des Arbeitnehmer-Erfinders einem der Profile zugeordnet wird, die die Tabelle III vorgibt.

DER SUMME DER WERTZAHLEN IST EIN WERTANTEIL ZUGEORDNET

Die nach Maßgabe des bisher Gesagten ermittelten Wertzahlen a, b und c werden aufsummiert. Sodann wird in Abhängigkeit von der so errechneten Summe aus der nachfolgend eingeblendeten Tabelle der Anteilsfaktor A abgelesen - der Summe a+b+c = 10 ist beispielsweise der Anteilsfaktor A = 21 % zugeordnet.

 

a+b+c=

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

(20)

A in %=

2

4

7

10

13

15

18

21

25

32

39

47

55

63

72

81

90

(100)

 

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