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PATENTRECHERCHEN IN GESTALT VON FREEDOM-TO-OPERATE RECHERCHEN

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Im Fokus: Die "Freedom-to-Operate" Recherche, kurz auch FTO-Recherche genannt. Ziel einer Freedom to Operate Recherche ist es, sicherzustellen, dass ein neues Produkt nicht gegen ein Patent eines Dritten verstößt. Aber Vorsicht: Der Begriff FTO-Recherche bzw. Patentrecherche "Freedom-to-Operate" ist in den letzten Jahren stark verwässert worden. Die meisten FTO-Recherchen sind bei genauem Hinsehen normale Patentrecherchen. Das ist unproblematisch, solange sich der Auftraggeber darüber im Klaren ist. Wissenswerte Details zum Thema FTO-Recherche im nachfolgenden Beitrag:

FREEDOM-TO-OPERATE | WHOIS?

Der Rechtsbegriff "Patentrecherche Freedom-to-Operate" oder "FTO-Patentrecherche" bzw. "Patent Clearing" kommt aus dem US-Recht. Vom Grundsatz her bezeichnet er eine als Verletzungsrecherche konzipierte Patentrecherche, die den Auftraggeber davor bewahrt, hohen Schadensersatz bezahlen zu müssen, wenn später doch ein Patent verletzt wird, das im Rahmen der Patentrecherche nicht gefunden wurde.

An dieser Stelle sollte man genauer hinsehen.

Gerade im Internet werden an vielen Orten unter dem wohlklingenden Stichwort "Freedom-to-Operate" solche Patentrecherchen angeboten, die bei genauem Hinsehen reguläre Patentrecherchen sind, mit dem solchen Patentrecherchen naturgemäß anhaftenden, mehr oder minder hohen, vom Budget des Auftraggebers abhängigen Restrisiko.

Eine solche Recherche kann durchaus eine Alternative sein, solange sich der Auftraggeber darüber im Klaren ist, dass es sich nicht um eine Recherche mit der vollen Schutzfunktion einer echten FTO-Recherche handelt.

FREEDOM-TO-OPERATE | WER BRAUCHT SIE?

Jeder, der technische Produkte in Deutschland herstellt oder nach Deutschland einführt, muss zuvor prüfen, ob dem womöglich ein Schutzrecht eines Dritten im Wege steht.

Reine Handelsunternehmen und Wiederverkäufer sind von der Obliegenheit, eine Patentrecherche durchzuführen, befreit. Die Befreiung greift allerdings nur dann, wenn in der Zuliefererkette bereits eine hinreichende Prüfung der Schutzrechtslage in Deutschland bzw. in Europa einschließlich Deutschlands stattgefunden hat und sich das Handelsunternehmen bzw. der Wiederverkäufer hierüber versichert haben.

Eine allgemeine Haftungsfreistellungsklausel, die besagt, dass die Ware frei von Rechten Dritter ist, reicht hierfür nicht aus.

FREEDOM-TO-OPERATE | WAS IST ENTSCHEIDEND?

Ein Patentverletzer kann vom Patentinhaber nur dann auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn dem Patentverletzer nachgewiesen werden kann, schuldhaft gegen das Patent verstoßen zu haben.

Diesem Maßstab muss eine Patentrecherche genügen, um eine echte FTO-Recherche zu sein: Den Patentverletzer darf kein Verschulden daran treffen, dass es trotz der Patentrecherche wider Erwarten doch zu einer Patentverletzung gekommen ist. Das ist dann der Fall, wenn der Patentinhaber dafür gesorgt hat, dass eine Patentrecherche durchgeführt wird, auf deren Vollständigkeit und Treffsicherheit er vertrauen durfte.

Die Herausforderung ist dabei, dass die Rechtsprechung beim Thema Verschulden ausgesprochen strenge Maßstäbe anlegt.

EINE RECHERCHE IN EIGENREGIE REICHT NICHT

Aufgrund der strengen Maßstäbe, die die Rechtsprechung an das Verschulden anlegt, gelingt es einem Patentinhaber, der die nötige Patentrecherche hausintern durchgeführt hat, nur in seltenen Fällen nachzuweisen, dass ihn keine Schuld daran trifft, dass es doch zu einer Patentverletzung gekommen ist.

Das Standardargument lautet in solchen Fällen, dass die Durchführung einer wirklich vollständigen Patentrecherche ein hohes Maß an Erfahrung und patentrechtlicher Beurteilungskompetenz erfordert, die derjenige, der nur gelegentlich recherchiert, nicht haben kann.

Aus dem gleichen Grund werden Recherchen, wie sie ab und an von reinen Ingenieurbüros als nicht-anwaltliche Dienstleistung angeboten werden, nur in seltenen Fällen als hinreichende Freedom-to-Operate Recherche anerkannt.

Der entscheidende Punkt für die Gerichte ist, dass derjenige, der die Qualität der Recherche nicht selbst überprüfen kann, einen Rechercheur einschalten muss, auf dessen geprüfte patentrechtliche Fachkunde er vertrauen darf.

ANWALTSRECHERCHE ALS FTO-RECHERCHE

Auch eine vom Anwalt durchgeführte Recherche wird von der Rechtsprechung nur dann als FTO-Recherche anerkannt, wenn sie so vollständig ausgeführt und dokumentiert worden ist, dass der Auftraggeber nicht damit rechnen musste, dass doch noch ein weiteres Patent gefunden wird, dessen Schutzbereich er zu beachten hat.

Das bedeutet, dass auch eine Anwaltsrecherche nicht automatisch eine FTO-Recherche ist.

STANDARDRECHERCHE ZUR RISIKOVERRINGERUNG

Die unter Kostengesichtspunkten günstigste und in der Praxis am häufigsten in Auftrag gegebene Variante der Recherche ist die sogenannte „Stichwortrecherche“.

Dabei wird eine Gruppe von deutschen, englischen und möglichst auch französischen Stichworten festgelegt, die aller Wahrscheinlichkeit nach in einem Patent oder einer Patentanmeldung auftauchen müssen, wenn sie sich mit dem Thema beschäftigt, nach dem recherchiert wird. Alle Treffer, die aufgrund der vorgegebenen Stichworte gefunden werden, werden auf ihre Relevanz geprüft. Schutzrechte, in denen die betreffenden Stichworte nicht auftauchen, bleiben außer Betracht.

Eine Stichwortrecherche ist ein sinnvolles Mittel, um das Risiko, dass ein neues Produkt ein fremdes Patent verletzt, mit überschaubarem Kostenaufwand signifikant zu verringern.

Eine Stichwortrecherche kann darüber hinaus auch als FTO-Recherche anzuerkennen sein. Das setzt allerdings voraus, dass die Stichworte, die der Recherche ausweislich der zugehörigen Recherchedokumentation zugrunde gelegt wurden, so vollständig und vor allem charakteristisch sind, dass die Erwartung berechtigt war, dass auch mit anderen Stichworten nicht doch noch ein Patent gefunden wird, das vom Auftraggeber der Recherche zu respektieren ist.

Aufgrund dessen stoßen die reinen Stichwortrecherchen, die in der Praxis den überwiegenden Teil der angeblichen „Freedom-to-Operate“ Patentrecherchen ausmachen, relativ häufig an ihre Grenzen.

Besonders deutlich sichtbar wird das, wenn später ein Patent verletzt wird, auf dessen Text die für die Patentrecherche gewählte Stichwortkombination „nicht angeschlagen“ hat, weil das fragliche Patent andere, aber keineswegs exotische Begriffe für den gleichen technischen Sachverhalt verwendet. Die Gerichte kommen in einem solchen Fall meist zu dem Schluss, dass demjenigen, der das einer Stichwortrecherche innewohnende Restrisiko hinnimmt, der Vorwurf leichter Fahrlässigkeit zu machen ist, wenn sich dieses Risiko verwirklicht. Leichte Fahrlässigkeit reicht aber für die vollumfängliche Haftbarkeit aus.

WASSERDICHTE PATENTRECHERCHE

Wo für die Patentrecherche keine wirklich charakteristischen Stichwortkombinationen zur Verfügung stehen, muss anders angesetzt werden, um eine echte Freedom-to-Operate Recherche auf die Beine zu stellen.

Typischerweise setzt man so an, dass man zunächst mit überschaubarem Aufwand eine Stichwortrecherche durchführt, um erst einmal zu schauen, ob sich nicht schon sehr schnell ein leicht zugängliches Patent eines anderen finden lässt, das die Markteinführung des neuen Produkts in Frage stellt. Sollte das der Fall sein, kann man sich weiteren Aufwand womöglich sparen.

Falls die Stichwortrecherche keine dem Vorhaben hinderlichen Treffer ergeben hat, wird zur ordnungsgemäßen weiteren Absicherung der Recherche ein systematisches Screening durchgeführt: Man ermittelt, in welchen Klassen der internationalen Patentklassifikation das zuständige Amt eine Patentanmeldung oder ein Patent zu dem im Rahmen der Recherche interessierenden Thema abgelegt haben müsste. Alle in den betreffenden Klassen abgelegten und noch in Kraft befindlichen Patente und Patentanmeldungen werden heruntergeladen und gescreent.

Wenn sich auch damit kein Schutzrecht finden lässt, das der geplanten Markteinführung des betreffenden Produkts entgegensteht, dann erfüllt die Recherche alle Voraussetzungen einer echten FTO-Recherche.

FREEDOM-TO-OPERATE │ IM ENGEREN SINNE

Zu meinem Tätigkeitsgebiet gehören auch Freedom-to-Operate Patentrecherchen im unter dem obigen Link "Details" beschriebenen, engeren Sinne.

Es handelt sich bei echten Freedom-to-Operate Recherchen um aufwendige, sehr umfangreiche Projekte, die ausgesprochen reizvoll sind, weil sie erhebliche Erfahrung voraussetzen.

Solche Rechercheprojekte müssen gemeinsam mit dem Mandanten maßgeschneidert für den Einzelfall geplant und angeboten werden und bedürfen, wenn auch das Restrisiko ausgeschaltet werden soll, besonderer Absicherung bzw. Rückversicherung.

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