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OLG Düsseldorf I-2 U 80/13 | PATENT- VERLETZUNG BEI VERUNREINIGUNGEN

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Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 09.10.2014

Aktenzeichen I - 2 U 80/13

Stichwort "Dämmstoff aus Styrolpolymerisatpartikeln"


Redaktionelle Anmerkung:
Ob eine wortsinngemäße Patentverletzung durch bloße Verunreinigungen vorliegt, die aus dem Material bestehen, das das Klagepatent eigentlich als "Wirkstoff" verlangt, ist durch Auslegung des Wortlauts des Patentanspruchs zu bestimmen. Es reicht nicht, dass der geltend gemachte Patentanspruch rein "sprachlich" erfüllt ist.



IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

ln dem Rechtsstreit

XXXXX SE, in ..., vertreten durch ihre ge­schäftsführenden Direktoren .....

Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt Dr. PPPP

gegen

YYYYY GmbH, in ..., vetreten durch ihren Geschäftsführer ....

Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt S.

der Kanzlei B & P in....

unter Beteiligung der Streithelferin

ZZZZZ GmbH, in... vertreten durch den Geschäftsführer... , ebenda,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt und Patentanwalt Misselhorn, Donaustraße 6, 85049 Ingolstadt,


hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhand­lung vom 9. Oktober 2014 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Kühnen, den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Haedicke und den Richter am Landgericht Thomas

für Recht erkannt:

I. Die Berufung gegen das am 1. Oktober 2013 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens (einschließ­lich der Kosten der Nebenintervention) zu tragen.

III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklag­ten und der Streithelferin wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicher­heit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.


GRÜNDE

l.

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäi­schen Patents EP 1731552 B1 (nachfolgend: Klagepatent) und des deutschen Ge­brauchsmusters DE 20321826 U1 (nachfolgend: Klagegebrauchsmuster) auf Un­terlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie auf Feststellung der Schadenersatz- (und bzgl. des Klagepatents Entschädigungs-) pflicht dem Grunde nach in Anspruch.

Alleinige, ausschließlich verfügungsberechtigte und eingetragene Inhaberin der Kla­geschutzrechte ist die XXXX, die mittlerweile auf die Klägerin als übernehmenden Rechtsträger ver­schmolzen wurde.

Das Klagegebrauchsmuster wurde aus der Patentanmeldung EP 503 06 074.7 ab­gezweigt und nimmt deren Anmeldetag vom 2. Oktober 2003 und Prioritäten vom 20. Januar 2003 und vom 15. Mai 2003 in Anspruch. Die Eintragung im Register erfolgte am 28. Oktober 2010, die Bekanntmachung im Patentblatt am 2. Dezember 2010. Gegen das Klagegebrauchsmuster ist beim Deutschen Patent- und Markenamt ein durch die Streithelferin angestrengtes Löschungsverfahren anhängig, an dem unter anderem die Beklagte beteiligt ist. Über die Löschungsanträge ist bislang nicht ent­schieden worden. Nachdem das Klagegebrauchsmuster am 2. Oktober 2013 durch Zeitablauf erloschen ist, wurde das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren in ein Feststellungsverfahren umgewandelt.

Das Klagegebrauchsmuster betrifft einen dämmenden geschäumten Werkstoff. Die Klägerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt einen eingeschränkten An­spruchssatz eingereicht und macht daraus den Schutzanspruch 1 geltend, der auf den ursprünglich eingetragenen Schutzansprüchen 1 und 10 sowie der ursprünglich eingereichten Beschreibung des Klagegebrauchsmusters basiert. Dieser einge­schränkte Schutzanspruch 1 lautet:


„Dämmender geschäumter Werkstoff, der aus expandierbaren Styrolpolymerisatpartikeln hergestellt ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

der Werkstoff gleich­zeitig pigmententhaltende und pigmentfreie Styrolpolymerisatpartikel, eine Dich­te von weniger als 30 kg/m3 und eine Wärmeleitfähigkeit, die mindestens den Anforderungen der Wärmeleitklasse 035 (nach DIN 18164 Teil 1) entspricht, aufweist. “

Das Klagepatent wurde am 2. Oktober 2003 unter Inanspruchnahme der gleichen Prioritäten wie das Klagegebrauchsmuster in deutscher Verfahrenssprache angemeldet. Die Offenlegung der Patentanmeldung erfolgte am 13. Dezember 2006. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 17. Dezember 2008 veröffent­licht. Auf einen durch die Streithelferin erhobenen Einspruch wurde das Klagepatent durch das Europäische Patent- und Markenamt widerrufen. Über die dagegen durch die Klägerin erhobene Beschwerde hat die Einspruchsbeschwerdeabteilung noch nicht entschieden.

Wie das Klagegebrauchsmuster bezieht sich auch das Klagepatent auf einen däm­menden geschäumten Werkstoff. Die Klägerin verteidigt das Klagepatent im anhän­gigen Einspruchsverfahren nur noch in einer eingeschränkten Fassung. Mit der vor­liegenden Klage macht sie aus dem eingeschränkten Anspruchssatz den Patentan­spruch 1 geltend, der folgenden Wortlaut hat:


„Dämmender geschäumter Werkstoff, der aus expandierbaren Styrolpolymerisatpartikeln gebildet ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

er aus pigmententhaltenden und pigmentfreien Styrolpolymerisatpartikeln gebildet ist, wobei die pigmentierten Styrolpolymerisatpartikel unregelmäßig im Werkstoff angeordnet sind.“

Die nachfolgend wiedergegebene, den Klageschutzrechten entnommene Figur 2 erläutert die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Sie zeigt nach der Beschreibung der Klageschutzrechte einen erfindungsgemäßen Werkstoff in Plattenform.

Wie der Fachmann der dazugehörigen Beschreibung entnimmt, enthalten die pig­mentierten Styrolpolymerisatpartikel (1) Graphitpartikel und sind unregelmäßig im Werkstoff (3) verteilt. Mit dem Bezugszeichen (2) sind demgegenüber die pigment­freien Styrolpolymerisatpartikel bezeichnet.

Die Beklagte bietet in der Bundesrepublik Deutschland an und vertreibt unter der Be­zeichnung „S“ eine von der Streithelferin gelieferte Dämmplatte (nachfol­gend: angegriffene Ausführungsform), wobei die Streithelferin gegenüber der Be­klagten im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit eine Freistellungserklärung abgegeben hat. Die Vorteile dieser, bis auf vereinzelte weiße Polystyrolkügelchen vorwiegend aus dunkelgrauen/schwarzen und hellgrauen Poystyrolkügelchen beste­henden Platte werden in der auf der Internetseite (www.zzzz.de) der Beklagten zum Abruf bereitgestellten Werbung wie folgt beschrieben:

„Der besondere Vorteil der S-Dämmplatte liegt in der hohen Formstabilität. Durch die Mischung der hell- und dunkelgrauen Polystyrolkügel­chen wird eine verbesserte thermische Unempfindlichkeit erreicht. Schrumpfung und Schüsselung gehören der Vergangenheit an. [...]

Dunkelgraue Polystyrolkügelchen sorgen für einen optimalen Dämmwert. Hell­graue Polystyrolkügelchen garantieren die thermische Unempfindlichkeit.“

Hinsichtlich der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die An­lage К 5 Bezug genommen.

Die Verteilung der Partikel lässt sich anhand der nachfolgend eingeblendeten, von der Klägerin angefertigten Abbildung erkennen:

Bildwiedergabe momentan nicht möglich

Unstreitig erfüllt die angegriffene Ausführungsform die Anforderungen der Wärmeleitklasse 035 und hat im Mittel eine Dichte von 17,4 kg/m3. Wegen der weiteren Ei­genschaften der angegriffenen Ausführungsform wird auf die Anlage К 6 Bezug ge­nommen.

Nach Auffassung der Klägerin macht die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre der Klageschutzrechte wortsinngemäß, zumindest aber mit äqui­valenten Mitteln Gebrauch. Sie weise pigmentfreie und pigmententhaltende Styrolpolymerisatpartikel auf, nämlich einerseits weiße und andererseits graue be­ziehungsweise schwarze Partikel. Dass die pigmentfreien Partikel nur in geringer Zahl vorhanden seien, sei unerheblich. Aufgrund des absoluten Sachschutzes sei nicht entscheidend, ob die in den Schutzrechten beschriebene Funktion mit den räumlich-körperlichen Merkmalen tatsächlich erzielt werde. Letztlich komme es aber darauf auch nicht an. Selbst unter Berücksichtigung allein der dunkelgrauen/schwarzen und der hellgrauen Styrolpolymerisatpartikel würden die Klageschutz­rechte wortsinngemäß verletzt, weil zu den pigmentfreien Partikeln nach dem Wort­sinn der geltend gemachten Ansprüche auch solche Partikel gehörten, die schwä­cher pigmentiert seien. Jedenfalls würden die Klageschutzrechte unter dem Ge­sichtspunkt der Äquivalenz verletzt, weil die hellgrauen Styrolpolymerisatpartikel über einen so geringen Pigmentgehalt verfügen würden, dass sie mit den pigmentfreien Styrolpolymerisatpartikeln technisch gleichwirkend seien. Dieser Ersatz für die pig­mentfreien Partikel sei für den Fachmann anhand der Lehre der Klageschutzrechte auch als gleichwertige Lösung auffindbar gewesen.

Die Beklagte und die Streithelferin, die um Klageabweisung, hilfsweise um Ausset­zung bis zur bestandskräftigen Entscheidung des Europäischen Patentamtes über das Klagepatent und bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundespatentgerichts über das Klagegebrauchsmuster gebeten haben, haben eine Verletzung der Klage­schutzrechte bestritten und zugleich deren Rechtsbestand in Frage gestellt.

Die streitgegenständlichen Ansprüche seien unter Berücksichtigung ihres Wortlauts („gebildet aus“ bzw. „enthält gleichzeitig“) dahingehend auszulegen, dass in dem Werkstoff eine nicht vernachlässigbare Menge an unpigmentierten Styrolpolymerisat­partikeln vorhanden sein müsse. Nur so werde der mit der Erfindung erwünschte Ef­fekt erreicht. Einzelne pigmentfreie Partikel, die als Verunreinigung in den Werkstoff gelangt seien und deren technische Wirkung in der Masse der pigmentierten Styrolpolymerisatpartikel „untergehe“, führten nicht zur Verwirklichung der in den Klageschutzrechten beanspruchten technischen Lehre. Gleiches ergebe sich aus dem vom Klagepatentanspruch aufgestellten Erfordernis der unregelmäßigen Ver­teilung der pigmentierten Styrolpolymerisatpartikel. Bei der angegriffenen Ausfüh­rungsform seien unpigmentierte Partikel allenfalls im Promillebereich enthalten. Es handele sich um Verunreinigungen, die vermutlich durch Rückstände aus der vor­hergehenden Produktion mit weißen Styrolpolymerisatpartikeln in den Rohrleitungen der Produktionseinrichtung verursacht worden seien. Dementsprechend seien die pigmentierten Styrolpolymerisatpartikel auch nicht, wie vom Klagepatentanspruch gefordert, unregelmäßig im Werkstoff angeordnet. Die schwächer pigmentierten, hellgrauen Styrolpolymerisatpartikel könnten darüber hinaus nicht als äquivalentes Mittel für die nach der technischen Lehre erforderlichen pigmentfreien Partikel ange­sehen werden. Denn auch die hellgrauen Partikeln enthielten Pigmente in einem Um­fang, wie er auch im Stand der Technik verwendet worden sei, der aber in den Kla­geschutzrechten als nachteilig angesehen werde. Jedenfalls sei aber das Verfahren im Hinblick auf das Löschungs- beziehungsweise Einspruchsverfahren auszusetzen, weil die erfindungsgemäße Lehre im Stand der Technik nahegelegt gewesen sei.

Durch Urteil vom 1. Oktober 2013 hat das Landgericht Düsseldorf die Klage abge­wiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre der Klage­schutzrechte weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln Gebrauch, da sie nicht gleichzeitig pigmententhaltende und pigmentfreie Styrolpolymerisatpartikel ent­halte bzw. nicht aus solchen pigmententhaltenden und pigmentfreien Styrolpolymerisatpartikeln gebildet sei.

Zwar genüge es nach dem reinen Wortlaut der Ansprüche, wenn der erfindungsge­mäße Werkstoff überhaupt pigmentfreie Styrolpolymerisatpartikel enthalte, gleich in welchem Umfang. Allerdings sei auf den technischen Gesamtzusammenhang abzu­stellen, den die Klageschutzrechte vermitteln. Die erfindungsgemäße Lehre unter­scheide sich von dem in den Klageschutzrechten gewürdigten Stand der Technik im Wesentlichen dadurch, dass der erfindungsgemäße Werkstoff nicht allein aus pig­mententhaltenden Styrolpolymerisatpartikeln bestehe, sondern auch pigmentfreie Partikel aufweise. In den weiteren Eigenschaften würde sich der erfindungsgemäße Werkstoff von demjenigen aus dem Stand der Technik in der Form unterscheiden, dass er bei einer vergleichbaren Dichte und Wärmeleitfähigkeit auch bei einer länge­ren thermischen Beanspruchung nicht zu irreversiblen thermischen Formverände­rungen neige. Dies werde durch das Hinzufügen pigmentfreier Styropolymerisatpartikel zum Werkstoff erreicht, so dass eine Mischung aus pigmentfreien und pig­menthaltigen Partikeln zum Einsatz komme. Daraus folge, dass vom Gegenstand der Klageschutzrechte nicht jeder Anteil pigmentfreier Partikel im Werkstoff umfasst sein könne. Der Fachmann erkenne anhand der Beschreibung der Klageschutzrechte, dass die Werkstoffeigenschaften unter anderem vom Mischungsverhältnis der pig­mententhaltenden und pigmentfreien Styropolymerisationspartikel abhänge. Der An­teil pigmentfreier Styropolymerisationspartikel dürfe nicht so niedrig ausfallen, dass der technische Erfolg, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mit­teln erreicht werden solle, nämlich die Verringerung von Formveränderungen infolge thermischer Beanspruchung im Vergleich zu einem solchen Werkstoff, der keinen Anteil pigmentfreier Partikel enthalte, nicht mehr erzielt werde. Dies sei jedoch dann der Fall, wenn der Anteil pigmentfreier Styrolpolymerisatpartikel - wie bei der ange­griffenen Ausführungsform - so gering sei, dass der Umfang der Formveränderun­gen infolge thermischer Beanspruchung gar nicht oder allenfalls messbar, aber nicht spürbar verringert werde.

Unabhängig davon könne eine wortsinngemäße Verletzung der Klageschutzrechte auch nicht damit begründet werden, dass die schwächer pigmentierten, das heißt die hellgrauen Styrolpolymerisatpartikel als pigmentfreie Styrolpolymerisatpartikel im Sinne der Klageschutzrechte angesehen würden. Der Wortlaut unterscheide zwischen pigmentfreien und pigmentierten Partikeln, so dass nur solche Partikel als pigmentfrei anzusehen seien, die keine Pigmente enthielten.

Schließlich machten die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Leh­re der Klageschutzrechte auch nicht mit äquivalenten Mitteln Gebrauch. Insoweit feh­le es zumindest an der Gleichwertigkeit. In den Klageschutzrechten werde an dem aus dem Stand der Technik bekannten pigmenhaltigen Material als nachteilig an­gesehen, dass es bei Platten aus diesem Werkstoff bei einer längeren Wärmeein­strahlung zu unkontrollierten thermischen Verformungen kommen könne, und zwar unabhängig von der jeweiligen Graphitkonzentration. Unter Berücksichtigung der EP 0 981 574 B1 erkenne der Fachmann, dass Styroporpartikel mit 0,05 Gew.-% Gra­phitanteil ebenso wie solche mit 8 Gew.-% Graphitanteil zu Formveränderungen nei­gen würden. Auch wenn das vorgenannte europäische Patent das Verhalten des Werkstoffs bei thermischer Beanspruchung nicht unmittelbar angespreche, erkenne der Fachmann, dass gerade die durch die Pigmentierung herabgesetzte Wärmeleit­fähigkeit dazu führe, dass pigmentierte Platten zu den in den Klageschutzrechten kritisierten Formveränderungen neigen würden, weil Wärmestrahlung nicht in das Innere des Werkstoffs gelange, sondern von den pigmentierten Styrolpolymerisatpartikeln auf der Oberfläche des Werkstoffes absorbiert werde. Die Lösung dieses technischen Problems sähen die Klageschutzrechte in einer Mischung aus pigment­freien und pigmentierten Styrolpolymerisatpartikeln. Der Fachmann möge zwar er­kennen, dass die technische Wirkung der pigmentfreien Partikel gerade darin beste­he, weniger Wärmeeinstrahlung zu absorbieren als die pigmententhaltenden Partikel, so dass die Wärmestrahlung ins Innere des Werkstoffs gelangen könne und es zu einer vorteilhafteren Wärmeverteilung im Werkstoff komme. Bei am Sinngehalt der erfindungsgemäßen Lehre orientierten Überlegungen würde der Fachmann diese Funktionsweise jedoch nicht so weit abstrahieren, dass es für den erfin­dungsgemäßen Erfolg nicht zwingend auf die Verwendung pigmentfreier Styrolpolymerisatpartikel ankomme, sondern ein unterschiedliches Absorptionsverhalten der Styrolpolymerisatpartikel ausreiche, das etwa dadurch erzielt werden könne, dass eine Mischung von zwei Partikelsorten verwendet werde, von denen die eine eine schwächere Pigmentierung aufweise als die andere.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes Begehren auf eine Verurteilung der Beklagten weiter. Im Hinblick auf das Erlöschen des Klagegebrauchsmusters durch Zeitablauf hat die Klägerin den diesbezüglichen Unterlassungsanspruch mit Schriftsatz vom 2. Juli 2014 für erledigt erklärt. Die Be­klagte und die Streithelferin sind dieser teilweisen Erledigungserklärung entgegen getreten.

Die Klägerin wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht gel­tend:

Für die Verwirklichung des Anspruchs 1 der Klageschutzrechte sei es ausreichend, wenn die Dämmplatte zusätzlich zu den pigmentierten Partikeln pigmentfreie Partikel enthalte. Eine einschränkende Auslegung sei mit dem Anspruchswortlaut nicht zu vereinbaren. Das Landgericht lese in den Anspruch eine Funktions- bzw. Wirkungs­angabe hinein, wonach der Anteil pigmentfreier Partikel so groß sein müsse, dass eine Verringerung von Formveränderungen infolge thermischer Beanspruchung aus­geschlossen werde. Der Schutzanspruch eines Erzeugnispatents sei jedoch nicht auf eine in der Beschreibung genannte Zweckangabe beschränkt, so dass ein absoluter Sachschutz gewährt werde. Der Anteil der pigmentfreien Partikel in der Dämmplatte sei daher für eine Verletzung der Klageschutzrechte unerheblich.

Unabhängig davon sei eine wortsinngemäße Verwirklichung der technischen Lehre der Klageschutzrechte auch dann gegeben, wenn man allein auf die dunkelgrauen und die hellgrauen Styrolpolymerisatpartikel in der angegriffenen Dämmplatte ab­stelle. Der Anspruch spreche von nicht pigmentierten Partikeln. Vom Wortsinn seien daher auch solche Partikel umfasst, die nur leicht pigmentiert seien. Soweit das Kla­gepatent demgegenüber zur Begründung seiner Auffassung auf das EP 0 984 574 B1 (nachfolgend: „Neopor-Patent“) abstelle, entnehme der Fachmann diesem Patent nicht nur, dass die Styrolpolymerisate pigmentiert sein könnten, sondern auch, dass die Pigmentierung über die gesamte Platte gleichmäßig, das heißt homogen verteilt sei. Das Neopor-Patent offenbare dem Fachmann daher, dass die gewünschte gute Wärmeleitfähigkeit nur dann gegeben sei, wenn die pigmentierten Partikel gleichmä­ßig in der Dämmplatte verteilt seien. Hier setze die Erfindung der Klageschutzrechte an. Dieses lehre dem Fachmann, unterschiedlich pigmentierte Partikel zu verwen­den. Entscheidend sei eine unterschiedliche IR-Durchlässigkeit der Partikelgruppen, so dass der anspruchsgemäße Werkstoff zwei Arten von Partikeln enthalte, die je­weils Graphitpartikel in unterschiedlicher Menge enthalten.

Schließlich mache die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre der Klageschutzrechte zumindest mit äquivalenten Mitteln Gebrauch. Entscheidend sei, dass bei einem dämmend geschäumten Werkstoff durch das Zusammenspiel der unterschiedlich pigmentierten Partikel eine gute Wärmeleitfähigkeit bei zugleich ei­nem hinreichenden Schutz gegen eine Verformung bei thermischer Beanspruchung gewährleistet sei. Das Neopor-Patent setze sich nicht mit der Verformbarkeit bei thermischer Beanspruchung, sondern nur mit der Wärmeleitfähigkeit und dem Brandschutz auseinander. Dementsprechend entnehme der Fachmann der Druck­schrift auch keine Lehre dazu, welcher Gew.-%-Anteil eines Partikels für eine thermi­sche Verformbarkeit problematisch sein könnte. Der Fachmann wisse allein, dass es bei einer Platte, die gleichmäßig pigmentiert sei, zu entsprechenden Verformungen kommen könne. Die Beklagte bzw. die Streithelferin mische zu den dunkelgrauen Partikeln hellgraue Partikel, um eine Schüsselung bzw. Verformung zu vermeiden.

Zur Erreichung der angestrebten geringen Wärmeleitfähigkeit sei eine solche Beimi­schung nicht erforderlich, da diese Wärmleitfähigkeit auch bei einer nur aus dunkel­grauen Partikeln bestehenden Platte erreicht werde. Es sei für den Fachmann eine rein handwerkliche Maßnahme, statt weißen pigmentfreien Partikeln solche zu ver­wenden, die gering pigmentiert und damit hellgrau seien.

Die Klägerin beantragt,

A.
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 1. Oktober 2013, 4b О 91/12, abzuändern und:

B.
I. die Erledigung des Rechtsstreits festzustellen, soweit die Klägerin zunächst be­antragt hat, die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ord­nungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, letztere zu vollziehen am jeweiligen Ge­schäftsführer der Beklagten, zu unterlassen,

dämmenden geschäumten Werkstoff, der aus expandierbaren Styrolpolymerisatpartikeln hergestellt ist,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu brin­gen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wenn der Werkstoff gleichzeitig pigmententhaltende und pigmentfreie Styrolpolymerisatpartikel, eine Dichte von weniger als 30 kg/m3 und eine Wärmeleitfähigkeit, die mindestens den Anforderungen der Wärmeleitklasse 035 (nach DIN 18164 Teil 1) entspricht, aufweist,

hilfsweise: wenn der Werkstoff gleichzeitig pigmententhaltende Styrolpolymerisatpartikel und solche mit einem geringeren Gew.-% Pig- mentpartikel-Anteil, eine Dichte von weniger als 30 kg/m3 und eine Wär­meleitfähigkeit, die mindestens den Anforderungen der Wärmeleitklasse 035 (nach DIN 18164 Teil 1) entspricht, aufweist,

weiter hilfsweise: wenn der Werkstoff gleichzeitig pigmententhaltende Styrolpolymerisatpartikel und solche mit einem signifikant geringeren Gew.- % Pigmentpartikel-Anteil, eine Dichte von weniger als 30 kg/m3 und eine Wärmeleitfähigkeit, die mindestens den Anforderungen der Wärmeleit­klasse 035 (nach DIN 18164 Teil 1) entspricht, aufweist;

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlich geordneten Verzeichnisses da­rüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen in der Zeit vom 2. Januar 2011 bis zum 2. Oktober 2013 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Na­men und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbe­sitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnun­gen, Liefermengen, -Zeiten und -preisen sowie der Namen und An­schriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -Zeiten und -preisen sowie der Namen und An­schriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern und deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Geste­hungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei hinsichtlich der Angaben zu a) und b) die entsprechenden Einkaufs­und Verkaufsbelege vorzulegen sind (Rechnungen in Kopie) und

wobei der Beklagten Vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und nicht-gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwie­genheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klä­gerin auf konkrete Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jedweden Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen gemäß vorstehend Ziffer I. 1. entstanden ist oder zukünftig noch entstehen wird, die in der Zeit vom 2. Januar 2011 bis zum 2. Oktober 2013 begangen worden sind;

C.
I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ord­nungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, letztere zu vollziehen am jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten, zu unterlassen,

dämmenden geschäumten Werkstoff, der aus expandierbaren Styrolpolymerisatpartikeln gebildet ist,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu brin­gen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wenn er aus pigmententhaltenden und pigmentfreien Styrolpolymerisat- partikeln gebildet ist, wobei die pigmentierten Styrolpolymerisatpartikel un­regelmäßig im Werkstoff angeordnet sind,

hilfsweise: wenn er aus pigmententhaltenden Styrolpolymerisatpartikeln und solchen mit einem geringeren Gew.-% Pigmentpartikel-Anteil gebildet ist, wobei die stärker pigmentierten Styrolpolymerisatpartikel unregelmäßig im Werkstoff angeordnet sind,

weiter hilfsweise: wenn er aus pigmententhaltenden Styrolpolymerisat­partikeln und solchen mit einem signifikant geringeren Gew.-% Pigment­partikel-Anteil gebildet ist, wobei die stärker pigmentierten Styrolpolymeri­satpartikel unregelmäßig im Werkstoffangeordnet sind;

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlich geordneten Verzeichnisses da­rüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. 1. be- zeichneten Handlungen seit dem 13. Januar 2007 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Na­men und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbe­sitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnun­gen, Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und An­schriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und An­schriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern und deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Geste­hungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei hinsichtlich der Angaben zu a) und b) die entsprechenden Einkaufs­und Verkaufsbelege vorzulegen sind (Rechnungen in Kopie),

wobei die Angaben zu e) erst für den Zeitraum ab dem 17. Januar 2009 zu machen sind und

wobei der Beklagten Vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der An­gebotsempfänger und nicht-gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin ei­nem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegen­heit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Be­klagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder An­gebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine angemessene Entschädigung für Handlungen jgemäß Ziffer I. 1. zu zahlen, die in dem Zeitraum vom 13. Januar 2007 bis zum 16. Januar 2008 begangen wurden und ihr jedwe­den Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen gemäß vorstehend Ziffer I. 1. entstanden ist oder zukünftig noch entstehen wird, die seit dem 17. Januar 2008 begangen worden sind.

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen, die Berufung zurückzuweisen. Hilfsweise:

das Verfahren bis zur Entscheidung der Beschwerdekammer des EPA über das Klagepatent und bis zur Entscheidung des BPatG über das Klagegebrauchsmuster auszusetzen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und treten den Ausführungen der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.

Die schwächer pigmentierten, hellgrauen Styrolpolymerisatpartikel der angegriffenen Ausführungsform würden immer noch ähnlich stark pigmentiert sein wie die Styrol­polymerisatpartikel des durchgängig pigmentierten Produkts „Neopor“. Zudem ent­halte die angegriffene Ausführungsform keine unpigmentierten, sondern nur stärker und schwächer pigmentierte Styrolpolymerisatpartikel. Bei den wenigen weißen Par­tikeln handele es sich demgegenüber um Verunreinigungen, die keinen technischen Effekt erzeugen und auch ohne jede Auswirkung bleiben würden. Nach der techni­schen Lehre der Klageschutzrechte solle jedoch die bisher bekannte monoton­einheitliche Fläche aus pigmentierten Styrpolpolymerisationspartikeln aufgebrochen werden, indem eine Wirkung zeigende Menge unpigmentierter Styrolpolymerisat­partikel eingestreut werde.

Im Hinblick auf die Äquivalenz fehle es bereits am Naheliegen. Anspruch 1 der Klageschutzrechte lehre die Verwendung pigmentfreier Styrolpolymerisatpartikel. Ange­sichts dessen sei nicht erkennbar, weshalb es für den Fachmann nahegelegen ha­ben solle, sich über diese technische Lehre hinwegzusetzen und in diametralem Wi­derspruch dazu statt unpigmentierter Styrolpolymerisatpartikel nunmehr solche pig­mentierten Styrolpolymerisatpartikel zu verwenden, die unstreitig einen Pigmentge­halt von 1,5 Gew.-% aufweisen, der angesichts der Obergrenze von 8 Gew.-% alles andere als geringfügig sei. Im Übrigen fehle es, wie das Landgericht zutreffend aus­geführt habe, jedenfalls an der Gleichwertigkeit.

Schließlich würden sich die Klageschutzrechte auch nicht als rechtsbeständig erwei­sen, weshalb die Verhandlung jedenfalls auszusetzen sei.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Anlagen sowie auf den Tat­bestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug ge­nommen.


II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Kla­ge unter Verweis auf die fehlende Schutzrechtsverletzung abgewiesen. Da die ange­griffene Ausführungsform von der technischen Lehre der Klageschutzrechte weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln Gebrauch macht, stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rech­nungslegung sowie auf Feststellung der Schadenersatz- (und in Bezug auf das Kla­gepatent der Entschädigungs-) pflicht aus §§ 24 Abs. 1 und 2, 24b Abs. 1 GebrMG bzw. aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG nicht zu. Vor diesem Hintergrund war die Klage somit von Anfang an unbegründet, weshalb auch eine Feststellung der (Teil-) Erledigung des Rechtsstreits im Hinblick auf das zwischenzeitliche Erlöschen des Klagegebrauchsmusters nicht in Betracht kam.

1.

In Bezug auf den Hauptantrag ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

a)
Die Klageschutzrechte betreffen einen dämmenden geschäumten, aus pigmentierten und pigmentfreien Styrolpolymerisatpartikeln hergestellten Werkstoff.

Wie die Klageschutzrechte einleitend ausführen, seien aus expandierbaren Styrolpolymerisatpartikeln gebildete Werkstoffe an sich im Stand der Technik be­kannt. Bei der Herstellung würden dabei expandierbare Partikel, die auch vorexpan­diert sein könnten, innerhalb sogenannter Dampfkammern aufgeschäumt, wobei zu­mindest eine weitere Expansion der Partikel auftrete. Gleichzeitig komme es zu einer Verschweißung und Verklebung der entsprechend aufgeschäumten Partikel mitei­nander. Nach der Abkühlung könne ein so hergestellter Werkstoff aus der Dampf­kammer entnommen werden.

Ein wesentliches Bewertungskriterium für solche Styropor-Werkstoffe sei die physi­kalische Dichte, wobei mit erhöhten physikalischen Dichten auch eine erhöhte me­chanische Festigkeit erreichbar sei, was neben der Bruch- und Druckfestigkeit auch die Zugfestigkeit betreffe. Daneben spiele auch die Wärmeleitfähigkeit eine wesentli­che Rolle. Da die Wärmeleitfähigkeit dichteabhängig sei, führe eine Erhöhung der physikalischen Dichte des Werkstoffes zu einer Senkung der Wärmeleitfähigkeit.

Eine Möglichkeit, Material zu sparen, sei die Herstellung von Platten mit einer gerin­geren Dichte. Dies sei jedoch mit dem Nachteil behaftet, dass die Platten aufgrund der damit verbundenen Verschlechterung der Wärmeleitfähigkeit nicht mehr den An­forderungen der Wärmeleitklasse 035 (DIN 18164) entsprechen würden.

Um dem entgegenzuwirken seien die expandierbaren Styrolpolymerisate mit einer Pigmentierung versehen worden. So würden in der EP 0 981 574 B1 expandierbare Styropolymerisate beschrieben, die Graphitpartikel in einer homogenen Verteilung enthalten. Daraus hergestellte Schaumstoffe würden eine gute Wärmeisolierung aufweisen.

Werde ein derartiger Werkstoff jedoch einer längeren Wärmeeinstrahlung ausge­setzt, könne eine irreversible thermische Formveränderung eintreten, was etwa beim Einsatz des Materials in Wärmedämmplatten an den StoßsteHen zu einer Entstehung von Spalten und in der Folge zu einer Rissbildung im Außenputz führen könne.

Vor diesem Hintergrund liegt den Klageschutzrechten die Aufgabe zugrunde, einen dämmenden geschäumten Werkstoff zur Verfügung zu stellen, der in seinen physi­kalischen Eigenschaften, insbesondere in Bezug auf die Wärmeleitfähigkeit und die Dichte, im Wesentlichen dem entspricht, wie er in der vorstehend genannten euro­päischen Patentschrift 0 981 574 B1 beschrieben wird, der aber unter thermischer Beanspruchung keine oder nur geringfügige Veränderungen in der Form aufweist.

Zur Lösung dieses Problems schlägt Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in der streitgegenständlichen Fassung einen Werkstoff mit den nachstehenden Merkmalen vor:

1. Dämmender geschäumter Werkstoff

2. Der Werkstoff ist aus expandierbaren Styrolpolymerisatpartikeln hergestellt.

3. Der Werkstoff weist gleichzeitig pigmententhaltende und pigmentfreie Styrolpoly­merisatpartikel auf.

4. Der Werkstoff weist eine Dichte von weniger als 30 kg/m3 auf.

5. Der Werkstoff weist eine Wärmeleitfähigkeit auf, die mindestens den Anforderun­gen der Wärmeleitklasse 035 (nach DIN 18164 Teil 1) entspricht.

Das Klagepatent sieht in Patentanspruch 1 in der hier streitgegenständlichen Fas­sung einen Werkstoff mit den folgenden Merkmalen vor:

1. Dämmender geschäumter Werkstoff.

2. Der Werkstoff ist aus expandierbaren Styrolpolymerisatpartikeln gebildet.

3. Der Werkstoff ist aus pigmententhaltenden und pigmentfreien Styrolpolymeri­satpartikeln gebildet.

4. Die pigmentierten Styrolpolymerisatpartikel sind unregelmäßig im Werkstoff an­geordnet.

b)
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht eine Verwirklichung der technischen Lehre der Klageschutzrechte im Hinblick auf die bei der angegriffe­nen Ausführungsform vorhandenen weißen Styrolpolymerisatpartikel verneint. Die weißen Styrolpolymerisatpartikel sind in der angegriffenen Ausführungsform in einer so geringen Konzentration enthalten, dass die angegriffene Ausführungsform nicht allein aufgrund dieser Partikel gleichzeitig pigmententhaltende und pigmentfreie Styrolpolymerisatpartikel aufweist (Klagegebrauchsmuster) bzw. aus diesen gebildet ist (Klagepatent).

Zudem teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass die angegriffene Aus­führungsform auch nicht deshalb wortsinngemäß von der technischen Lehre der Kla­geschutzrechte Gebrauch macht, weil sich dort neben den dunkelgrauen und den weißen Styrolpolymerisatpartikeln hellgraue Styrolpolymerisatpartikel finden. Denn auch bei Letzteren handelt es sich um pigmenthaltige und nicht um pigmentfreie Styrolpolymerisatpartikel im Sinne der Klageschutzrechte.

(1)
Maßgebliche Grundlage dafür, was durch ein europäisches Patent unter Schutz ge­stellt ist, ist gemäß Art. 69 Abs. 1 EPÜ der Inhalt der Patentansprüche (vgl. z. B. auch BGHZ 98, 12 = GRUR 1986, 803 - Formstein). Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 12a GebrMG. Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegen­stand eines Anspruchs eines Patents oder Gebrauchsmusters gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden Anspruch Ausdruck gefunden hat (BGHZ 106, 84, 94 = GRUR 1989, 205 - Schwermetalloxidationskatalysator). Das Protokoll zur Auslegung von Art. 69 EPÜ drückt dies durch seinen Hinweis aus, dass die Patentansprüche nicht lediglich als Richtlinie dienen dürften. Das verleiht dem in dem betreffenden Anspruch gewählten Wortlaut entscheidende Bedeutung. Was bei sinnvollem Verständnis in ihn nicht so deutlich einbezogen ist, dass es vom Fach­mann als zur Erfindung gehörend erkannt wird, kann den Gegenstand dieses Patent­oder Schutzanspruchs nicht kennzeichnen. Auch die zur Erfassung des Sinngehalts eines Patent- oder Schutzanspruchs vorgesehene Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen des betreffenden Patents oder Gebrauchsmusters darf weder zu einer inhaltlichen Erweiterung noch zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortlaut des Anspruchs festgelegten Gegenstands führen (BGHZ 160, 204, 212 = GRUR 2004, 1023, 1024 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGHZ 172, 88, 97 = GRUR 2007, 778, 779 - Ziehmaschinenzugeinheit).

Wie weit der Schutzbereich eines Patents oder Gebrauchsmusters reicht, ist somit durch Auslegung des Patent- oder Schutzanspruchs zu ermitteln. Für die Reichweite des Patent- oder Gebrauchsmusterschutzes kommt es demnach nicht allein darauf an, ob eine Ausführungsform bei einer ausschließlich auf die buchstäbliche Bedeu­tung der Worte des Anspruchs gestützten Betrachtung unter den Patent- oder Schutzanspruch fällt. Zwar ist eine Auslegung unterhalb des Wortlauts der Patent­oder Schutzansprüche generell nicht zulässig (vgl. BGH, GRUR 2007, 309, 311 - Schussfädentransport). Allerdings meint dies nicht den reinen Wortlaut im Sinne ei­ner rein linguistischen Betrachtung. Entscheidend ist vielmehr, wie der Fachmann den Patent- oder Schutzanspruch unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Ausführungsbeispiele versteht. Der Anspruch darf demnach nicht unter seinen, unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen zu ermittelnden Sinngehalt ausgelegt werden (so auch BGH a.a.O.).

Bei der Auslegung des Patent- oder Schutzanspruchs sind mithin dessen Sinngehalt in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungser­gebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen. Maßgeblich ist, welchen Begriffsinhalt das Patent oder Gebrauchsmuster bei unbefangener Erfassung der im Anspruch um­schriebenen Lehre zum technischen Handeln einem vorgeschlagenen Merkmal zu­weist, wobei sich das Verständnis des Fachmanns dabei entscheidend an dem in der Patentschrift zum Ausdruck gekommenen Zweck dieses Merkmals orientiert (BGH, GRUR 1999, 909, 911 = NJW-RR 2000, 259 - Spannschraube; GRUR 2001, 232, 234 - Auslegung von Patentansprüchen). Denn für das Verständnis entschei­dend ist zumindest im Zweifel die Funktion, die das einzelne technische Merkmal für sich und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen des Patent- oder Schutz­anspruchs bei der Herbeiführung des erfindungsgemäßen Erfolgs hat. Dabei sind Beschreibung und Zeichnungen heranzuziehen, die die technische Lehre des Patent­oder Schutzanspruchs erläutern und veranschaulichen und daher nach ständiger Rechtsprechung nicht nur für die Bestimmung des Schutzbereichs, sondern ebenso für die Auslegung des Patent- oder Schutzanspruchs heranzuziehen sind, unabhän­gig davon, ob diese Auslegung die Grundlage der Verletzungsprüfung oder der Prü­fung des Gegenstands des Patent- oder Schutzanspruchs auf seine Schutzfähigkeit ist (BGHZ 186, 90 = GRUR 2010, 858 - Crimpwerkzeug III; BGH, GRUR 2012, 1124, 1126 - Polymerschaum). Auch wenn durch die Klageschutzrechte ein Erzeugnis ge­schützt wird und insofern nach ständiger Rechtsprechung ein absoluter Sachschutz besteht, wobei der Sachschutz alle Funktionen, Wirkungen, Zwecke, Brauch­barkeiten und Vorteile einer Vorrichtung ohne Rücksicht auf den jeweiligen Verwen­dungszweck umfasst (vgl. BGH, GRUR 1991, 436 - Befestigungsvorrichtung II), kann der Inhalt einer Gebrauchsmuster- oder Patentschrift den Offenbarungsgehalt eines Gebrauchsmusters oder Patents gleichwohl begrenzen, wenn der Fachmann der Gesamtheit der Schrift eine engere Lehre entnimmt als diejenige, die der Wort­laut eines Merkmals zu vermitteln scheint (vgl. BGH, GRUR 1999, 909, 911 f. - Spannschraube; GRUR 2008, 779, 783 - Mehrgangnabe; vgl. auch Hoge Raad der Nederlanden, Mitt. 2014, 332 - Stent).

(2)
So liegt der Fall hier.

Die Klageschutzrechte gehen von den im Stand der Technik bekannten, aus pig­mentfreien Styrolpolymerisatpartikeln gebildeten Werkstoffen aus, die, eine entspre­chende Dichte vorausgesetzt, eine geringe Wärmeleitfähigkeit besitzen, wie sie etwa für den Einsatz in Dämmplatten erforderlich ist (vgl. Abschnitte [0005] f.). Wird die Dichte derartiger Werkstoffe jedoch, etwa aus Gründen der Materialersparnis, redu­ziert, steigt die Wärmeleitfähigkeit, weshalb die Werkstoffe dann nicht mehr den An­forderungen der angestrebten Wärmeleitklasse entsprechen (vgl. Abschnitt [0007]).

Um dem entgegen zu wirken, wird im Stand der Technik (EP 0 981 574 B1) der Ein­satz von Styrolpolymerisatpartikeln vorgeschlagen, die Graphitpartikel in einer ho­mogenen Verteilung enthalten (vgl. Abschnitt [0008]). Dies sorgt zwar für eine gute Wärmeisolierung, führt aber dazu, dass es dann, wenn aus diesem Werkstoff ausge­bildete Platten einer längeren Wärmeeinstrahlung ausgesetzt sind, zu einer unkon­trollierten irreversiblen thermischen Formveränderung und in der Folge sogar zu Schäden an dem zu dämmenden Gebäude kommen kann (vgl. Abschnitte [0008 f.]).

Zur Verhinderung derartiger Formveränderungen schlagen die Klageschutzrechte vor, dass der dämmend geschäumte Werkstoff neben den aus dem Stand der Tech­nik bekannten, pigmenthaltigen Styrolpolymerisatpartikeln auch pigmentfreie Styrolpolymerisatpartikel enthalten soll. Gerade die Mischung aus pigmenthaltigen und pigmentfreien Partikeln soll somit auch unter längerer thermischer Beanspru­chung die Entstehung irreversibler thermischer Formveränderungen verhindern (vgl. Abschnitt [0012]), so dass der erfindungsgemäße Werkstoff die niedrige Wärmeleit­fähigkeit eines graphithaltigen Styrolpolymerisats mit der thermischen Formbestän­digkeit eines, lediglich pigmentfreie Styrolpolymerisatpartikel enthaltenden Werkstoffs kombiniert.

Warum dies so ist, lässt sich bei näherer Betrachtung der Eigenschaften der pig­menthaltigen und der pigmentfreien Styrolpolymerisatpartikel erkennen. Während die Wärmestrahlung die unpigmentierten, weißen Styrolpolymerisatpartikel nahezu un­gehindert durchdringen kann, wird sie durch die pigmentierten Styrolpolymerisatpar­tikel absorbiert. Dies hat zur Folge, dass die durch den zu dämmenden Körper abge­gebene Wärmestrahlung zwar das Dämmmaterial solange relativ leicht durchdringt, wie sich dort unpigmentierte, weiße Styrolpolymerisatpartikel finden. Trifft die Wär­mestrahlung aber auf ein pigmentiertes Styrolpolymerisatpartikel, wird sie absorbiert und kann das Dämmmaterial somit, anders als wenn dieses vollständig aus pig­mentfreien Styrolpolymerisatpartikeln gebildet wäre, nicht ohne Weiteres passieren; die Wärmeleitfähigkeit bleibt niedrig.

Diese Effekte betreffen nicht nur die durch den zu dämmenden Körper abgegebene Strahlung, sondern treten in gleicher Weise bei der von außen einwirkenden (Son­nen-) Strahlung ein. Während die weißen, pigmentfreien Styrolpolymerisatpartikel diese Strahlung relativ einfach passieren lassen, wird sie von den pigmentierten Styrolpolymerisatpartikeln absorbiert. Besteht der Dämmstoff lediglich, wie im Stand der Technik, aus pigmentierten Styrolpolymerisatpartikeln in einer homogenen Ver­teilung, wird ein großer Teil der Strahlung somit bereits an der Oberfläche des Dämmmaterials absorbiert. Dies führt zu einer relativ starken Erwärmung der Ober­fläche, wodurch es zu den als nachteilig empfundenen thermischen Verformungen kommen kann. Finden sich in dem Werkstoff neben den pigmentierten Styrolpoly­merisatpartikeln jedoch auch pigmentfreie Partikel, lassen diese die Wärmeeinstrah­lung passieren, bis diese Strahlung (innerhalb des Dämmstoffes) auf ein pigmentier­tes Styrolpolymerisatpartikel trifft. Die pigmentfreien Styrolpolymerisatpartikel in ihrer Gesamtheit sorgen mithin dafür, dass es zu einer besseren Wärmeverteilung inner­halb des Werkstoffs kommt, wodurch das Risiko nachteiliger Formveränderungen infolge thermischer Beanspruchung sinkt.

Vor diesem Hintergrund teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass - auch wenn sich in den Hauptansprüchen im Hinblick auf den Anteil pigmentierter und pig­mentfreier Styrolpolymerisatpartikel keine konkreten Mengenangaben finden - nicht jedes beliebige Mischungsverhältnis vom Gegenstand der Klageschutzrechte erfasst sein kann. Denn den Klageschutzrechten liegt die Aufgabe zugrunde, einen Werk­stoff bereitzustellen, der ganz bestimmte Eigenschaften, nämlich eine vergleichswei­se geringe Wärmeleitfähigkeit bei einer gleichzeitig hohen thermischen Formstabili­tät, aufweist (vgl. Abschnitt [0010]). Diese Aufgabe kann nicht mehr gelöst werden, wenn sich in dem Werkstoff lediglich derart geringe Mengen an pigmentfreien oder pigmentierten Styrolpolymerisatpartikeln finden, dass sie entweder die angestrebte geringe Wärmeleitfähigkeit (pigmentierte Styrolpolymerisatpartikel) oder die thermi­sche Formstabilität (pigmentfreie Styrolpolymerisatpartikel) nicht mehr gewährleisten.

Finden sich im Werkstoff zu viele pigmentfreie Styrolpolymerisatpartikel, steigt die Wärmeleitfähigkeit zu stark. Entspricht sie in der Folge bei einer Dichte von 30 kg/m3 nicht mehr den Anforderungen der Wärmeleitklasse 035 (nach DIN 18164, Teil 1), führt allein dies aus dem Schutzbereich des Klagepatents in der streitgegenständli­chen Fassung heraus. Ist im Dämmstoff demgegenüber ein zu großer Anteil pig­menthaltiger Styrolpolymerisatpartikel enthalten, heizt sich die Oberfläche der Dämmplatte zu stark auf, was zu unerwünschten thermischen Formveränderungen führen kann. In einem solchen Fall kann somit der in der Beschreibung der Klage­schutzrechte ausdrücklich angesprochene technische Erfolg, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll, nämlich die Verbes­serung der thermischen Formstabilität gegenüber Werkstoffen, ausschließlich pig­mentierte Styrolpolymerisatpartikel enthalten, nicht mehr erreicht werden (vgl. BGH, GRUR 2008, 779 - Mehrgangnabe).

Zu Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass dann, wenn der Anteil pig­mentfreier Styrolpolymerisatpartikel so gering ist, dass der Umfang der Formverän­derungen infolge thermischer Beanspruchung gar nicht oder allenfalls messbar, aber nicht spürbar verringert wird, zwar die einzelnen pigmentfreien Styrolpolymerisatpar­tikel noch die Wärmestrahlung in das Innere der Dämmstoffplatte passieren lassen. Jedoch ist die Anzahl der pigmentfreien Partikel im Werkstoff in einem solchen Fall so gering, dass mit ihnen eine spürbare Verringerung der Formveränderung des Werkstoffes im Falle einer thermischen Beanspruchung nicht einhergeht. Auf den Werkstoff komjnt es jedoch an, denn nach der in den Klageschutzrechten formulier­ten Aufgabe soll ein zu dämmender Werkstoff bereitgestellt werden, der zwar die gleiche Wärmeleitfähigkeit und Dichte wie das in der EP 0 981 574 B1 offenbarte Material, jedoch eine höhere thermische Formstabilität aufweist (vgl. Abschnitt [0010]).

Einen Anhaltspunkt dafür, bei welchem Anteil pigmentfreier und pigmentierter Styrolpolymerisatpartikel sich der erfindungsgemäß angestrebte Erfolg einstellen kann, bietet dem Fachmann Unteranspruch 4 der Klageschutzrechte, wonach der Anteil pigmentierter und pigmentfreier Styrolpolymerisatpartikel zwischen 10 und 90 % liegen soll. Auch wenn diese Mengenangabe in den streitgegenständlichen An­sprüchen keinen Niederschlag gefunden hat, gibt sie dem Fachmann - worauf auch bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - gleichwohl einen Anhaltspunkt dafür, bei welchen Mischungsverhältnissen sich der erfindungsgemäße Erfolg je­denfalls einstellen wird. Davon ausgehend kann von einem erfindungsgemäßen Werkstoff jedenfalls dann keine Rede sein, wenn sich der Anteil pigmentfreier Styrolpolymerisatpartikel im unteren einstelligen Promillebereich bewegt und lediglich den Charakter einer Verunreinigung hat, so dass Formveränderungen infolge thermi­scher Beanspruchung im Vergleich zu einem solchen Werkstoff ohne pigmentfreie Partikel nicht spürbar verringert werden. Auf eine derartige, spürbare Verringerung kommt es jedoch gerade an, damit sich beim Einsatz des beanspruchten Werkstoffes in Dämmplatten zwischen den Stoßstellen keine Spalten bilden, die zu Rissen im Armierputz führen können (vgl. Abschnitt [0009] a. E.).

(3)
Ausgehend von diesen Überlegungen hat das Landgericht mit zutreffender Begrün­dung das Vorliegen einer wortsinngemäßen Verwirklichung der durch die Klage­schutzrechte in der streitgegenständlichen Fassung geschützten technischen Lehre verneint.

(a)
Entgegen der Auffassung der Klägerin weist die angegriffene Ausführungsform nicht deshalb gleichzeitig pigmententhaltende und pigmentfreie Styrolpolymerisatpartikel auf (Klagegebrauchsmuster) bzw. ist aus derartigen Partikeln gebildet (Klagepatent), weil dort neben pigmentierten Styrolpolymerisatpartikeln einige wenige weiße Styrolpolymerisatpartikel zu finden sind.

Es kann dahinstehen, ob es sich bei diesen weißen Styrolpolymerisatpartikeln, wie die Beklagte und die Streithelferin behaupten, lediglich um eine herstellungsbedingte Verunreinigung handelt oder ob diese der angegriffenen Ausführungsform bewusst zugegeben werden. Ebenso wenig ist es vorliegend entscheidend, ob eine solche Verunreinigung vermeidbar war oder nicht. Denn jedenfalls liegt die Konzentration dieser Styrolpolymerisatpartikel unstreitig im Promillebereich. So sind nach der über­schlägigen Zählung der Beklagten, welcher die Klägerin nicht entgegen getreten ist und gegen die auch seitens des Senats keine Bedenken bestehen, auf der als An­lage К 12 vorgelegten Abbildung etwa 4000 Styrolpolymerisatpartikel zu sehen, von denen lediglich vier weiß sind. Dass die weißen Styrolpolymerisatpartikel trotz dieser geringen Konzentration gleichwohl in der Lage wären, die den pigmentfreien Styrolpolymerisatpartikeln nach der technischen Lehre zugewiesene Funktion, die auf die Oberfläche der Dämmplatte auftreffende Strahlung in einem solchen Umfang passieren zu lassen, dass die Wärme über die gesamte Platte verteilt wird, erfüllen können, ist weder hinreichend vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr ist das Landge­richt zu Recht davon ausgegangen, dass die Anzahl der weißen Partikel im Verhält­nis zu den pigmenthaltigen Partikeln so gering ist, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Gefahr von Formveränderungen infolge thermischer Bean­spruchung im Vergleich zu einem Werkstoff, der keine weißen Partikel enthält, in ir­gend einer Weise verringert ist.

Etwas anderes behauptet auch die Klägerin nicht. Soweit die Klägerin stattdessen unter Vorlage eines Privatgutachtens darauf abgestellt hat, die angegriffene Ausfüh­rungsform würde sich ebenso erwärmen wie das aus weißen und dunkelgrauen Par­tikeln bestehende Produkt „Dalmatiner“ der Klägerin, lässt sich dem diesbezüglichen Vorbringen der Klägerin bereits nicht entnehmen, dass dies gerade auf die in der angegriffenen Ausführungsform vereinzelt vorzufindenden weißen Partikel zurück­zuführen ist. Vielmehr deutet entsprechend den Ausführungen des Landgerichts vie­les darauf hin, dass die angegriffene Ausführungsform deshalb keinen oder allenfalls geringfügigen Formveränderungen unterliegt, weil eine Mischung aus unterschiedlich stark pigmentierten Styrolpolymerisatpartikeln Verwendung findet. Allein der Um­stand, dass die angegriffene Ausführungsform die mit den Klageschutzrechten ange­strebten Eigenschaften, das heißt eine dem aus der EP 0 981 574 B1 bekannten Ma­terial entsprechende Wärmeleitfähigkeit und Dichte bei gleichzeitiger Formstabilität im Falle einer thermischen Beanspruchung, aufweist, lässt im Übrigen nicht den Schluss zu, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre der Klageschutzrechte Gebrauch. Denn allein aus der gleichen Wirkung lässt sich nicht schließen, dass diese auch in der gleichen Art und Weise wie in den Klageschutz­rechten vorgesehen, das heißt durch das Bereitstellen einer Mischung pigmentfreier und pigmentierter Styrolpolymerisatpartikel, erreicht wird.

(b)
Entgegen der Auffassung der Klägerin stellen auch die in der angegriffenen Ausfüh­rungsform zu findenden hellgrauen Partikel keine pigmentfreien Styrolpolymerisat­partikel im Sinne der Klageschutzrechte dar.

Die Klageschutzrechte unterscheiden sowohl in den Ansprüchen als auch in der Be­schreibung klar zwischen pigmententhaltenden und pigmentfreien Styrolpolymerisat­partikeln, so dass beide Begriffe streng zu unterscheiden sind. Demnach kann ein pigmententhaltender Styrolpolymerisatpartikel nicht zugleich pigmentfrei im Sinne der Klageschutzrechte sein, denn Kern der Erfindung ist gerade die Bereitstellung einer Mischung pigmententhaltender und pigmentfreier Styrolpolymerisatpartikel, die ei­nerseits eine niedrige Wärmeleitfähigkeit und andererseits eine hohe Formstabilität auch bei thermischer Beanspruchung ermöglichen soll (vgl. Abschnitt [0012]). Damit kombinieren die Klageschutzrechte die im Stand der Technik bekannten weißen (und damit pigmentfreien) Styrolpolymerisatpartikel mit den ebenfalls bekannten, pigment­enthaltenden Styrolpolymerisatpartikeln (vgl. Abschnitte [0002], [0012], [0017], [0021] а. E. und [0026] [Klagepatent] bzw. [0028] [Klagegebrauchsmuster]). Somit sind nur solche Partikel als pigmentfrei anzusehen, die keine Pigmente enthalten. Auch wenn solche Styrolpolymerisatpartikel, die der Fachmann klassischerweise als „weißes Styropor“ und damit als pigmentfrei einordnet, bis zu einem gewissen Grad verunrei­nigt sein sollten, hat das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klage­schutzrechte jedenfalls solche Styrolpolymerisatpartikel nicht als pigmentfrei anse- hen, die in der EP 0 981 574 B1, welche die Klageschutzrechte als nächstliegenden Stand der Technik diskutieren, offenbart sind (vgl. Abschnitte [0008] und [0014] a. E.). Denn nach der Beschreibung der Klageschutzrechte sind - ohne Beschränkung auf einen bestimmten Mindestgehalt an Graphit - in der EP 0 981 574 B1 pigmentier­te (und damit gerade keine pigmentfreien) Styrolpolymerisate offenbart. Als pigment­enthaltend sind somit insbesondere solche Styrolpolymerisate anzusehen, die einen Graphitanteil von 0,05 - 8 Gew.-% aufweisen (vgl. Anlage К 3, Anspruch 1 sowie Abschnitte [0012] und [0019]). Da die in der angegriffenen Ausführungsform zu fin­denden hellgrauen Styrolpolymerisatpartikel unstreitig einen Gewichtsanteil von 1,5 Gew.-% Graphitpigmente aufweisen, sind diese Partikel auch nach Auffassung des Senats nicht als pigmentfreie, sondern als pigmenthaltige Partikel im.Sinne der Kla­geschutzrechte anzustehen.

Dass Abschnitt [0009] der Klageschutzrechte das Problem der unkontrollierten irre­versiblen thermischen Formveränderung im Zusammenhang mit dem „praktischen Gebrauch“ von aus dem in der EP 0 981 574 B1 offenbarten Material hergestellten Platten anspricht, steht dem nicht entgegen. Es kann in diesem Zusammenhang da­hinstehen, ob im Prioritätszeitpunkt lediglich, wie die Klägerin in der mündlichen Ver­handlung vor dem Senat behauptet hat, Platten mit einem Pigmentanteil von 4 % bis 6 % erhältlich waren. Auch wenn die Klageschutzrechte auf den praktischen Ge­brauch abstellen, nehmen sie bei der Schilderung der Problematik der Warmumfor­mung allgemein auf Platten „aus diesem Werkstoff“ und damit aus einem Material, wie es in der EP 0 981 574 B1 offenbart ist, Bezug. Vor diesem Hintergrund hat der Fachmann keine Veranlassung, allein aus dem lediglich allgemein gehaltenen Hin­weis auf den „praktischen Gebrauch“ zu schließen, das Problem der Warmumfor­mung trete nur bei einem Pigmentgehalt oberhalb von 4 % und daher nicht bei allen in der EP 0 981 574 B1 offenbarten Pigmentkonzentrationen auf. An einem solchen Verständnis sieht sich der Fachmann vielmehr bereits dadurch gehindert, dass die in der EP 0 981 574 B1 offenbarten Schaumstoffe nach Abschnitt [0008] а. E. der Kla­geschutzrechte bei einer Dichte von 10 g/l eine Wärmeleitfähigkeit von unter 35 mW/m x к aufweisen, wobei sich eine solche Wärmeleitfähigkeit nach Tabelle 1 der EP 0 981 574 B1 bereits bei einem Graphitanteil zwischen 2 % und 4 % erreichen lassen dürfte.

2.
Da der Hauptantrag keinen Erfolg hat, ist über die Hilfsanträge zu entscheiden. Diese sind zulässig, haben aber in der Sache ebenfalls keinen Erfolg.

a)
Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Streithelferin sind die Hilfsanträge hinreichend bestimmt.

(1)
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht erkennbar abgrenzbar sind, sich der Beklagte nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Voll­streckungsgericht überlassen bleibt (st. Rspr., vgl. BGHZ 156, 1, 8 f. = GRUR 2003, 958 - Paperboy; BGH, NJW 2005, 2550 - ,,statt“-Preis). Das Bestimmtheitserforder­nis soll mithin den Streitgegenstand festlegen, zumal als Basis der materiellen Rechtskraft, ferner den Entscheidungsspielraum des Gerichts abstecken, dem Be­klagten eine präzise Verteidigung erlauben und eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil heraus ermöglichen, statt noch das Vollstreckungsverfahren mit Sachfragen zu belasten (vgl. Foerste in: Münchner Kommentar zur ZPO, 11. Auflage, § 253 Rz. 29 m.w.N.). Dementsprechend muss der Antrag - ggf. nach einer Auslegung danach, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstande­nen Interessenlage entspricht - eindeutig sein (vgl. BGHZ 176, 35, 37 f. = NJW 2008, 1446). Davon ausgehend bedarf es ggf. auch bei Unterlassungsanträgen einer Auslegung, denn die Rechtsprechung gestattet eine gewisse Verallgemeinerung von Antrag und Titel, wenn darin wenigstens das Charakteristische der konkreten Verlet­zungstatbestände zum Ausdruck kommt (sog. Kerntheorie, vgl. Foerste, a.a.O., Rz. 33; BGH, NJW 2001, 3710, 3711 - „mit Aussagen wie“).

(2)
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs entsprechen die durch die Klägerin formu­lierten Hilfsanträge dem Bestimmtheitserfordernis.

Für den ersten Hilfsantrag liegt dies auf der Hand, denn dieser stellt maßgeblich auf das Verhältnis von pigmententhaltenden Styrolpolymerisatpartikeln und solchen mit einem geringeren Gew.-% Pigmentpartikelanteil ab. Der Antrag erfasst daher jede Ausführungsform, die (zumindest) zwei Arten von Styrolpolymerisatpartikeln mit ei­nem unterschiedlichen Anteil an Pigmenten enthält, soweit sie die darüber hinaus angesprochenen Eigenschaften in Bezug auf die Dichte und die Wärmeleitfähigkeit (Klagegebrauchsmuster) oder eine unregelmäßige Verteilung der unterschiedlich pigmentierten Styrolpolymerisatpartikel (Klagepatent) aufweist. Zweifel an der Reichweite des Antrags und dem folgend des Tenors bestehen somit nicht. Ob ein solcher Urteilsausspruch über die Reichweite der Klageschutzrechte hinausgeht, ist demgegenüber eine Frage des Schutzumfangs der Klageschutzrechte und damit der Begründetheit.

Darüber hinaus ist auch der zweite Hilfsantrag hinreichend bestimmt. Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass der auf einen „signifikant geringeren Gew.-% Pigmentpartikel-Anteil“ abstellende Antrag nicht ohne Weiteres aus sich heraus ver­ständlich ist. Jedoch kann der im Hinblick auf die geltend gemachte Äquivalenz an die angegriffene Ausführungsform angepasste Tenor bei einer etwaigen Zwangsvoll­streckung anhand der Entscheidungsgründe ausgelegt werden, was sicherstellt, dass der Titel nicht auf Ausführungsformen erstreckt wird, die nicht im Kern des ge­richtlichen Verbotes liegen (vgl. zur Möglichkeit der Auslegung: Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rz. 1135). Zieht man die Entscheidungsgründe der vorliegenden Entscheidung zur Auslegung heran, ist klar, dass im Fall einer Verur­teilung nur solche Werkstoffe unter den Tenor fallen, bei denen sich der Pigmentan­teil in einem solchen Umfang unterscheidet, dass die mit dem geringeren Pigment­anteil ausgestatteten Styrolpolymerisatpartikel die Wärmestrahlung passieren lassen, während diese Strahlung durch die, über einen höheren Pigmentanteil verfügenden Styrolpolymerisatpartikel absorbiert wird. Da die Klägerin zur Begründung einer äqui­valenten Verwirklichung der technischen Lehre der Klageschutzrechte maßgeblich auf diese Eigenschaften abstellt, muss sie auch in der Lage sein, einen Antrag zu formulieren, der das Ersatzmittel, Styrolpolymerisatpartikel mit einem signifikant ge­ringeren Partikelanteil, aufscheinen lässt, ohne sich im Hinblick auf den konkreten Partikelanteil unnötig einzuschränken.

Durch ein solches Vorgehen wird die Beklagte auch nicht unangemessen benachtei­ligt. Auch wenn der Unterlassungstenor weit gefasst ist, bezieht er sich lediglich auf die den Gegenstand des Verletzungsverfahrens bildende angegriffene Ausfüh­rungsform. Dies ist hier das Produkt „S“, bei dem die dungelgrauen Styrol­polymerisatpartikel einen Graphitanteil von 6 Gew.-% und die hellgrauen Styrolpoly­merisatpartikel einen Graphitanteil von 1,5 Gew.-% aufweisen. Ein anderes Produkt hat der Senat im Erkenntnisverfahren nicht geprüft. Folglich wäre in einem eventuel­len Vollstreckungsverfahren ein Verstoß gegen einen möglichen Unterlassungsausspruch - und in der Folge auch eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Rech­nungslegung sowie zur Zahlung von Schadenersatz und Entschädigung - dann zu verneinen, wenn die zu beurteilende abgewandelte Ausführungsform sich von derje­nigen unterscheidet, die Gegenstand der Prüfung in dem Erkenntnisverfahren war und wenn es wegen dieser Abwandlungen zusätzlicher technischer Erwägungen be­darf, die in dem genannten Erkenntnisverfahren und in dem dort ergangenen Urteil nicht angestellt worden sind (vgl. Senat, InstGE 6, 123 - Elektronische Anzeigevor­richtung; Beschluss v. 21. Dezember 2011, I-2 W 44/11). Derartige zusätzliche Erwägungen wären hier jedoch stets dann erforderlich, wenn sich der Graphitanteil spürbar von demjenigen der jetzt streitgegenständlichen angegriffenen Ausfüh­rungsform unterscheidet, denn dann würde sich die Frage stellen, ob auch eine sol­che Ausgestaltung gegenüber der durch die Klageschutzrechte beanspruchten Lö­sung gleichwirkend, naheliegend und gleichwertig ist. Geht man davon aus, wird die Reichweite des Tenors durch die durch die Klägerin gewählte weite Antragsfassung in der Sache somit nicht erweitert.

b)
Die Klage ist aber auch in Bezug auf die Hilfsanträge unbegründet. Von den nicht wortsinngemäß verwirklichten Merkmalen der Klageschutzrechte macht die ange­griffene Ausführungsform auch nicht mit äquivalenten Mitteln Gebrauch.

(1)
Damit eine vom Wortsinn eines Patent- oder Schutzanspruchs abweichende Ausfüh­rung in dessen Schutzbereich fällt, muss regelmäßig dreierlei erfüllt sein. Die Ausfüh­rung muss erstens das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit zwar abge­wandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Zweitens müssen seine im Prioritätszeitpunkt gegebenen Fachkenntnisse den Fachmann befähigt haben, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzu­finden. Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließ­lich drittens am Sinngehalt der im Patent- oder Schutzanspruch unter Schutz gestell­ten Lehre orientiert sein. Sind diese Voraussetzungen der Gleichwirkung, der Auffindbarkeit und der Orientierung am Patent- oder Schutzanspruch (Gleich­wertigkeit) erfüllt, ist die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln aus fachmännischer Sicht als der wortsinngemäßen Lösung gleichwertige (äquiva­lente) Lösung in Betracht zu ziehen und damit bei der Bestimmung des Schutzbe­reichs des Patents oder Gebrauchsmusters zu berücksichtigen (st. Rspr. des BGH; vgl. BGHZ 150, 161 ff. = GRUR 2002, 511 ff. - Kunststoffhohlprofil; BGHZ 150, 149 ff. = GRUR 2002, 515, 518 - Schneidmesser I; BGH, GRUR 2002, 519, 521 - Schneidmesser II; GRUR 2002, 527, 528 f. - Custodiol II; GRUR 2007, 410, 415 f. - Kettenradanordnung; GRUR 2007, 959, 961 - Pumpeinrichtung, GRUR 2007, 1059, 1063 - Zerfallzeitmessgerät; GRUR 2011, 313, 317 - Crimpwerkzeug IV). Der Schutzbereich des Patents oder Gebrauchsmusters wird auf diese Weise nach Maß­gabe dessen bestimmt, was der Fachmann auf der Grundlage der erfindungsgemä­ßen Lehre als äquivalent zu erkennen vermag, und damit an dem Gebot ausgerich­tet, bei der Bestimmung des Schutzbereichs einen angemessenen Schutz für den Patentinhaber mit ausreichender Rechtssicherheit für Dritte zu verbinden (BGH, GRUR 2011, 313, 317 - Crimpwerkzeug IV; vgl. auch Senat, Urteil v. 7. November 2013, Az. I-2 U 29/12 - WC-Sitzgarnitur).

(2)
Ausgehend von diesen Voraussetzungen stellt die bei der angegriffenen Ausfüh­rungsform gewählte Lösung, weniger stark pigmentierte Styrolpolymerisatpartikal mit stärker pigmentierten Styrolpolymerisatpartikeln zu kombinieren, keine Verwirkli­chung der durch die Klageschutzrechte beanspruchten technischen Lehre mit äqui­valenten Mitteln dar.

(a)
Es kann dahinstehen, ob eine derartige Lösung gegenüber der technischen Lehre der Klageschutzrechte, nach welcher der Werkstoff aus pigmenthaltigen und pig­mentfreien Partikeln bestehen soll, gleichwirkend ist. Dies wäre nach der Recht­sprechung des Bundesgerichtshofs nur dann der Fall, wenn durch die gewählte technische Gestaltung nicht nur im Wesentlichen die Gesamtwirkung der Erfindung erreicht, sondern gerade auch diejenige Wirkung erzielt wird, die das nicht wortsinn­gemäß verwirklichte Merkmal erzielen soll (BGH, GRUR 2011, 313, 318 - Crimpwerkzeug IV; GRUR 2012, 1122, 1123 - Palettenbehälter III). Jedenfalls ist bereits nicht ersichtlich, weshalb es für den Fachmann am Prioritätstag naheliegend gewe­sen sein sollte, den Werkstoff aus pigmentierten und pigmentfreien Styrolpoly­merisatpartikeln auszubilden, durch eine Lösung zu ersetzen, bei welcher lediglich unterschiedlich stark pigmentierte Syrolpolymerisatpartikel zum Einsatz kommen. Irgendwelche konkreten Anregungen (Druckschriften, Fachbücher, Prospekte), die der vorbekannte Stand der Technik dem Fachmann für eine solche Abwandlung hät­te an die Hand geben können, hat die Klägerin jedenfalls nicht aufgezeigt.

(b)
Aber sogar diese Frage kann auf sich beruhen. In jedem Fall fehlt es nämlich an der erforderlichen Gleichwertigkeit. Sie verlangt, dass die Überlegungen, die der Fach­mann zum Auffinden eines äquivalenten Ersatzmittels anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patent- oder Schutzanspruch unter Schutz gestellten Lehre orien­tiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführung (Kombination aus stärker und schwächer pigmentierten Styrolpolymerisatpartikeln) mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen Lösung (Kombination aus pigmenthatligen und pig­mentfreien Styrolpolymerisatpartikeln) als gleichwertige Alternative in Betracht zieht. „Orientierung am Patent- oder Schutzanspruch“ setzt voraus, dass der Patent- oder Schutzanspruch in allen seinen Merkmalen nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Überlegungen des Fachmanns bildet. Es ist in­sofern nicht ausreichend, dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens die ab­gewandelte Lehre (Kombination von Partikeln mit einer unterschiedlichen Pigmentie­rungsstärke) als technisch sinnvoll und in gleicher Weise zielführend wie die im Pa­tent- oder Schutzanspruch formulierte Anweisung erkennt. Es reicht auch nicht aus, die Gleichwertigkeit isoliert für das abgewandelte Mittel festzustellen; vielmehr muss die angegriffene Ausführungsform in ihrer für die Merkmalsverwirklichung relevanten Gesamtheit eine auffindbar gleichwertige Lösung darstellen (BGH, GRUR 2007, 959 - Pumpeneinrichtung). Bei allem ist der Schutzrechtsinhaber an die technische Lehre gebunden, die er unter Schutz hat stellen lassen (BGH, GRUR 2002, 511 - Kunst­stoffrohrteil). Die vom Patent oder Gebrauchsmuster gegebene technische Lehre muss von ihm als sinnhaft hingenommen und darf bei der Suche nach einem gleich­wirkenden Ersatzmittel in ihrer sachlichen Berechtigung nicht infrage gestellt werden. Trifft der Patent- oder Schutzanspruch eine Auswahlentscheidung zwischen ver­schiedenen Möglichkeiten, eine technische Wirkung zu erzielen, müssen die fach­männischen Überlegungen zu möglichen Abwandlungen gerade auch mit dieser Auswahlentscheidung im Einklang stehen (BGH, a.a.O., S. 705 Tz. 35 - Okklusions­vorrichtung m.w.N.; Senat, Urteil v. 13. September 2013, Az. I-2 U 25/13 Drospirenon; Senat, Urt. v. 17. Juli 2014, Az.: I-2 U 11/14).

Im Streitfall vermitteln die Klageschutzrechte dem Fachmann die Einsicht, dass es bei den in der EP 0 981 574 B1 offenbarten graphithaltigen Styrolpolymerisaten dann, wenn aus diesem Material hergestellte Platten länger thermisch beansprucht werden, zu Formveränderungen kommen kann (vgl. Abschnitte [0008] f.). Da die Klageschutzrechte die Problematik der Formveränderung, wie bereits ausgeführt, lediglich allgemein in Bezug auf Platten, „die aus diesem Werkstoff“, das heißt aus dem in der EP 0 981 574 B1 bekannten Material, bestehen, ansprechen, ist dem Fachmann zunächst klar, dass es zu derartigen Formveränderungen zumindest dann kommt, wenn die Graphitpartikel in den Styrolpolymerisaten in einer homogenen Ver­teilung enthalten sind. Dazu, ob die Formveränderungen allein auf den Graphitparti­keln, auf deren homogenen Verteilung oder auf einer Kombination von beidem beru­hen, äußern sich die Klageschutzrechte demgegenüber nicht. Auch wenn sich die EP 0 981 574 B1 im Schwerpunkt mit Brandschutzfragen beschäftigt und auf die Frage einer möglichen Verformung des Materials bei Wärmeeinwirkung nicht eingeht, zieht der Fachmann aus der Erörterung dieser Schrift in den Klageschutzrechten die Er­kenntnis, dass die Graphitpartikel zumindest auch zu einer thermischen Formverän­derung beitragen können, indem gerade die durch die Pigmentierung herabgesetzte Wärmeleitfähigkeit dazu führt, dass die pigmentierten Platten zu den in den Klage­schutzrechten kritisierten Formveränderungen neigen, weil die Wärmestrahlung nicht in das Innere des Werkstoffs gelangt, sondern von den Styrolpolymerisatpartikeln auf der Oberfläche des Werkstoffs absorbiert wird.

Um davon ausgehend einen Werkstoff bereitzustellen, der einerseits dieselbe (vor­teilhafte) Wärmeleitfähigkeit und Dichte wie das aus der EP 0 981 574 B1 bekannte Material aufweist, der aber andererseits auch unter thermischer Beanspruchung kei­ne oder nur geringfügige Veränderungen in der Form aufweist (vgl. Abschnitt [0010]), schlagen die Klageschutzrechte vor, pigmenthaltige Styrolpolymerisatpartikel, wie sie aus der EP 0 981 574 B2 bekannt sind, mit ebenfalls im Stand der Technik bereits bekannten, pigmentfreien Styrolpolymerisatpartikeln zu kombinieren und damit die Vorteile beider vorbekannten Werkstoffe, das heißt die niedrige Wärmleitfähigkeit bei einer niedrigen Dichte der pigmenthaltigen Werkstoffe mit der bei den pigmentfreien Werkstoffen bestehenden niedrigen Gefahr für das Auftreten von Formveränderun­gen, zu kombinieren. Dem Fachmann ist somit klar, dass gerade die Beimischung der pigmentfreien Styrolpolymerisatpartikel irreversible thermische Formveränderun­gen verhindern soll (vgl. Abschnitt [0012] a. E.).

Von dieser konkreten Gestaltung löst sich die angegriffene Ausführungsform signifi­kant, indem der Werkstoff nicht aus pigmenthaltigen und pigmentfreien, sondern (bis auf einzelne pigmentfreie Partikel) nur aus pigmenthaltigen Styrolpolymerisaten ge­bildet ist. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, mag der Fachmann zwar erkennen, dass die technische Wirkung der pigmentfreien Partikel gerade darin be­steht, weniger Wärmestrahlung zu absorbieren als pigmenthaltige Partikel, so dass die Wärmestrahlung ins Innere des Werkstoffes gelangen kann und es zu einer vor­teilhafteren Wärmeverteilung im Werkstoff kommt. Bei am Sinngehalt der erfin­dungsgemäßen Lehre orientierten Überlegungen würde der Fachmann diese Funkti­onsweise jedoch nicht so weit abstrahieren, dass es für den erfindungsgemäßen Er­folg nicht zwingend auf die Verwendung pigmentfreier Styrolpolymerisatpartikel an­kommt, sondern ein unterschiedliches Absorptionsverhalten pigmenthaltiger Styrolpolymerisate ausreicht, das etwa dadurch erzielt werden kann, dass eine Mi­schung von zwei Partikelsorten verwendet wird, von denen die eine lediglich eine schwächere - aber vorhandene - Pigmentierung aufweist als die andere.

Vor dem Hintergrund des in den Klageschutzrechten zitierten Standes der Technik muss der Fachmann vielmehr davon ausgehen, dass zumindest Styrolpolymerisat­partikel, wie sie in der EP 0 981 574 B1 offenbart werden, die Gefahr von Formver­änderungen in sich tragen, und zwar unabhängig davon, ob die Partikel einheitlich oder in unterschiedlicher Intensität pigmentiert sind. Denn die Klageschutzrechte füh­ren - wie bereits ausgeführt - lediglich allgemein aus, dass der in der EP 0 981 574 B1 offenbarte Werkstoff zu Formveränderungen neigt. Da es somit an einem Hinweis fehlt, dass die Gefahr von Formveränderungen gerade auf der homogenen Vertei­lung der Partikel oder auf einer bestimmten Partikelkonzentration beruht, wird der Fachmann selbst dann, wenn er grundsätzlich weiß, dass weniger stark pigmentierte Partikel weniger Wärme absorbieren als stark pigmentierte Partikel, weniger stark pigmentierte Partikel nicht als gleichwertigen Ersatz für die erfindungsgemäß vorge­sehenen pigmentfreien Partikel ansehen.

Der Senat schließt sich der Auffassung des Landgerichts an, dass die vorstehenden Ausführungen gerade auch mit Blick auf die angegriffenen Ausführungsformen gel­ten. Das in den Klageschutzrechten angesprochene und in der EP 0 981 574 B1 of­fenbarte Material weist einen Graphitanteil von 0,05 bis 8 Gew.-% auf. Da sich die Klageschutzrechte nicht dazu äußern, bei welcher Graphitpartikelkonzentration die zu vermeidenden thermischen Formveränderungen auftreten, versteht der Fachmann den Hinweis in Abschnitt [0009] der Klageschutzrechte, bei dem in der EP 0 981 571 B1 genannten Werkstoff könne es zu Formveränderungen kommen, so, dass diese Gefahr bei allen, unter den Schutzbereich der genannten europäischen Patentschrift fallenden Graphitkonzentrationen besteht, wenn auch möglicherweise in einem unterschiedlichen Umfang. Bei der angegriffenen Ausführungsform wurden die dunklen Styrolpolymerisatpartikel durch Zugabe von Graphitpartikeln in einer Menge von rund 6 Gew.-% und die hellen Styrolpolymerisatpartikel durch die Zugabe von Graphitpartikeln in einer Konzentration von 1,5 Gew.-% gebildet, so dass auch der Graphitanteil der hellen Styrolpolymerisatpartikel innerhalb des Bereiches liegt, der in der EP 0 981 574 B1 beansprucht wird und hinsichtlich dessen nach der Offenba­rung der Klageschutzrechte die Gefahr von Formveränderungen besteht. Zu solchen Mengenverhältnissen wird der Fachmann nicht gelangen, wenn er sich am Sinnge­halt der erfindungsgemäßen Lehre orientiert, denn insoweit fehlt es dann an Styrolpolymerisatpartikeln, bei denen nach der Offenbarung der Klageschutzrechte nicht die Gefahr besteht, dass es zu unerwünschten thermischen Formveränderun­gen kommen kann.

Nur das vorstehend gefundene Ergebnis steht im Übrigen auch im Einklang mit dem Gebot der Rechtssicherheit, das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung steht. Daraus leitet der Bun­desgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ab, dass der durch Auslegung zu ermit­telnde Sinngehalt der Patent- bzw. Schutzansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs bildet; diese hat sich an den Patent- oder Schutzansprüchen auszurichten. Mit dem Gebot der Rechtssicherheit soll erreicht werden, dass der Schutzbereich eines Patentes oder Gebrauchsmusters für Außenstehende hinreichend sicher vorhersehbar ist; sie sollen sich darauf verlassen können, dass der im Patent oder Gebrauchsmuster un­ter Schutz gestellte Werkstoff mit den Merkmalen des Patent- bzw. Schutzanspru­ches vollständig umschrieben ist (BGH, GRUR 1992, 594, 596 - Mechanische Betä­tigungsvorrichtung; GRUR 1992, 305, 307 - Heliumeinspeisung; Benkard/Scharen, PatG/GebrMG, 10. Auflage, § 14 PatG Rz. 100). Der Anmelder hat dafür zu sorgen, dass in den Patent- bzw. Schutzansprüchen alles niedergelegt ist, wofür er Schutz begehrt (BGH, GRUR 1987, 626, 628 - Rundfunkübertragungssystem; GRUR 1989, 903, 905 - Batteriekastenschnur; GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betäti­gungsvorrichtung; GRUR 2002, 511, 512 - Kunststoffrohrteil; GRUR 2002, 519, 522 - Schneidmesser II; GRUR 2002, 527, 528 f. - Custodiol II). Die Leser der Patent- bzw. Gebrauchsmusterschrift müssen sich darauf verlassen gönnen, dass das, was im Patent oder Gebrauchsmuster unter Schutz gestellt ist, im Patent- oder Schutzan­spruch hinreichend deutlich bezeichnet ist (BGH, GRUR 1987, 626, 628 - Rundfun­kübertragungssystem). Unterlässt es der Anmelder, in den Patent- oder Schutzansprüchen alles niederzulegen, wofür er Schutz begehrt, muss er sich mit einem ent­sprechend engeren Schutzbereich zufrieden geben. Er ist an die technische Lehre gebunden, die er unter Schutz hat stellen lassen (Senat, Urteil vom 12.03.2009 - I-2 U 76/06; Urteil vom 5. Mai 2011 - I- 2 U 9/10). Der Bundesgerichtshof spricht in die­sem Zusammenhang auch davon, dass, wenn das Patent oder Gebrauchsmsuter bei objektiver Betrachtung hinter dem weitergehenden technischen Gehalt der Erfindung zurückbleibt, der Schutz auf das zu beschränken ist, was noch mit dem Sinngehalt seiner Patentansprüche in Beziehung zu setzen ist (BGH, GRUR 2002, 519, 523 - Schneidmesser II; GRUR 2012, 45, 47 - Diglycidverbindung). So verhält es sich auch hier. Ist der Begriff „pigmentfrei“ im Patent- bzw. Schutzanspruch als Hand­lungsanweisung dahingehend zu verstehen, dass die Styrolpolymerisatpartikel keine Pigmente enthalten dürfen, so ist dies für den Fachmann eine eindeutige und nicht relativierbare Festlegung auf die Verwendung von pigmentfreien Styrolpolymerisat­partikeln, auf deren unbedingte Geltung im Rahmen der schutzbeanspruchten Lehre sich Außenstehende verlassen können müssen. Aus dieser Erfindung für einen Werkstoff in Anspruch genommen zu werden, der anstelle von pigmenthaltigen und pigmentfreien Styrolpolymerisat-Partikeln (bis auf wenige, nicht pigmentierte Partikel) lediglich aus pigmenthaltigen Partikeln besteht, die sich nur in der Pigmentkonzentra­tion unterscheiden, wäre für sie nicht vorhersehbar. Begehrt der Anmelder nur Schutz für einen aus pigmentfreien und pigmententhaltenden Styrolpolymerisat­partikeln gebildeten Werkstoff, kann er dementsprechend nicht erwarten, dass unter sein Patent oder Gebrauchsmuster auch Werkstoffe fallen, die - wie die angegriffene Ausführungsform - im Wesentlichen lediglich pigmenthaltige Styrolpolymerisatpar­tikel enthalten (vgl. auch Senat, Urt. v. 21. März 2013, Az.: I-2 U 73/09 - Bus und Bahn-Chipkarte).

3.
Da die angegriffene Ausführungsform daher neben dem Klagepatent auch das Kla­gegebrauchsmuster nicht verletzt, ist für eine Feststellung der teilweisen Erledigung des Rechtsstreits im Hinblick auf das zwischenzeitliche Erlöschen des Klagege­brauchsmusters durch Zeitablauf kein Raum. Denn eine Solche käme nur dann in Betracht, wenn der ursprüngliche Antrag zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage zu­lässig und begründet war und durch das behauptete Ereignis unzulässig oder unbe­gründet wurde (vgl. Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Auflage § 91a Rz. 40). Daran fehlt es jedoch, wenn - wie hier - die Beklagte das Klagegebrauchsmuster nicht verletzt. Denn in diesem Fall standen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Un­terlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie auf Schadenersatz aus §§ 24 Abs. 1 und 2, 24b Abs. 1 und 3 GebrMG i. V. m. §§ 242, 259 BGB nicht zu, so dass die Klage von Anfang an unbegründet war.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 101 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die in § 543 auf­gestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bun­desgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Siche­rung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Dr. Kühnen               RiOLG Prof. Dr. Haedicke (ist ortsabwesend und kann deswegen nicht unterscheiben, Dr. Kühnen)